Daniel Weissbort wurde 1935 in London geboren. Zu Beginn seines Studiums in Cambridge lernte er den späteren Poet Laureate Großbritanniens, Ted Hughes, kennen. Mit ihm zusammen gründete Weissbort 1965 die Zeitschrift »Modern Poetry in Translation«, die auch heute noch erscheint. In den frühen 1970er Jahren ging er nach Amerika, wo er ab 1974 den Translation workshop an der Universität von Iowa leitete. Er war dort außerdem als Professor für Englisch und Komparatistik tätig. Weissbort war 1970-73 beratender Direktor des englischen Poetry International Committee, und gehört zahlreichen Kommissionen, unter anderem dem PEN American Center Translation Committee, an. Inzwischen ist er nach England zurückgekehrt, schreibt Gedichte, unterrichtet, hält Vorträge und arbeitet zusammen mit seiner Partnerin Valentina Polukhina an der Übersetzung und Verbreitung russischer Literatur. Bekannt ist Weissbort vor allem für seine Übersetzungen und Anthologien russischer und osteuropäischer Lyrik, aber auch für seine eigenen Gedichte. Seine Lyriksammlung »Letters to Ted« (2002) hat er seinem langjährigen Freund und Kollegen Ted Hughes gewidmet. 2006 veröffentlichte Weissbort außerdem in Zusammenarbeit mit Astradur Eysteinsson „Translation: Theory and Practise”, ein Buch über die Geschichte der Übersetzungstheorie.
Ted Hughes zufolge besteht die Besonderheit der Gedichte Weissborts in ihrer Natürlichkeit, ihrer Entspanntheit und in der Ehrlichkeit, mit der der Autor über sein verborgenes, privates Leben Auskunft gibt. Es sind Momentaufnahmen einer Innenschau – kurz, zum Teil aphoristisch, lassen sie gleichwohl tiefe Einblicke in Gefühlswelten, individuelle Wahrnehmungen und Gedankengänge zu. Private und politische Perspektiven kreuzen sich, wenn geschichtliche Ereignisse mit persönlichen Erlebnissen verknüpft werden, wenn etwa in »1945« das Ende des zweiten Weltkrieges mit einem ersten Erfolg im Cricketspiel assoziiert wird. Weissbort tritt in einen Dialog mit sich selbst, mit seinem alternden Körper, seinen Gedanken, seinen Erinnerungen, mit der Weltgeschichte ebenso wie mit der Lebensgeschichte seiner verstorbenen Eltern. Viele Gedichte zeigen sich dem Thema Erinnerung verpflichtet, enthalten Widmungen oder Anreden an tote oder verlorene Freunde. Wiederholt tritt das Motiv des Traums auf, das schreckhafte Aufwachen aus einem Alptraum etwa, dessen beklemmende Wirkung unüberwindbar bleibt: »And yet / for certain sins, though you wake / there is no forgiveness either«.
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