Claudio Magris
- Italien
- Zu Gast beim ilb: 2004, 2019
Claudio Magris wurde 1939 in Triest, Italien, geboren. Er studierte Literatur und Philosophie in Turin. Seine Dissertation »Il mito asburgico nella letteratura austriaca moderna« (1963; dt. »Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur«, 1966/2000), die er mit 24 Jahren publizierte, bildet den thematischen und theoretischen Ausgangspunkt seiner späteren Publikationen. Nach einem Studienaufenthalt in Freiburg lehrte er zunächst an der Universität Turin, bevor er 1978 Professor für Neuere Deutsche Literatur in Triest wurde. Als Spezialist für mitteleuropäische Literatur publizierte er zahlreiche Essays und kritische Studien über Schriftsteller wie Wilhelm Heinse, E. T. A. Hoffmann und Joseph Roth. Seit den späten siebziger Jahren schrieb er regelmäßig eine Kolumne für die Zeitung »Corriere della Sera«.
1982 erschien in Zusammenarbeit mit dem Historiker Angelo Ara »Trieste. Un’identità di frontiera« (dt. »Triest. Eine literarische Hauptstadt in Mitteleuropa«, 1987). Auf dem kultur- und literaturwissenschaftlichen Streifzug durch die Stadt, in der einst James Joyce, Italo Svevo und andere Schriftsteller lebten, stellen die Autoren angesichts der heterogenen Einflüsse des k. u. k. Reichs und der italienischen, slowenischen, deutschen, griechischen und jüdischen Kulturen die Frage nach der Identität Triests. Mit »Danubio« (1986; dt. »Donau. Biographie eines Flusses«, 1988) begab sich Claudio Magris auf die Suche nach den Spuren der habsburgischen Vielvölkermonarchie. Während er dem Verlauf des »einzig wahrhaft europäischen Flusses« folgt, zeichnet er in einem essayistisch-biografischen Reisebericht – bestehend aus Mythen, Anekdoten, Geschichten von Menschen, Städten und Landschaften, philosophischen und literarischen Reflexionen – ein detailreiches Panorama des Kultur- und Literaturraums Donau. Zu seinen nichtessayistischen Texten zählen die Novelle »Illazioni su una sciabola« (1984; dt. »Mutmaßungen über einen Säbel«, 1986), das Theaterstück »Stadelmann« (1988) und eine Reihe von Romanen. »Non luogo a procedere« (2015; dt. »Verfahren eingestellt«, 2017), ein Roman, der sich als »Parabel auf die Gewalt lesen und gleichzeitig als überzeugendes Modell ihrer Umkehrung« verstehen lässt« (»FAZ«), schildert die Grausamkeiten des Krieges und die Gefahr des Vergessens. Als Hommage zu seinem 80. Geburtstag erschien 2019 die Sammlung »Schnappschüsse« mit Momentaufnahmen von der Absurdität und der Poesie des Alltags aus über zwei Jahrzehnten.
Zu den wichtigsten Literaturpreisen, mit denen Magris geehrt wurde, gehört der Premio Strega für »Die Welt en gros und en détail« (1999), der Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung 2001, der Prinz-von-Asturien-Preis 2006 und der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2009. 2012 wurde ihm das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Claudio Magris lebt in Triest.
Weit von wo
Verlorene Welt des Ostjudentums
Wien
Europaverlag, 1974
[Ü: Jutta Prasse]
Die andere Vernunft, E. T. A. Hoffmann
Hain
Königstein/Ts., 1980
[Ü: Paul Walcher u. Petra Braun]
Mutmaßungen über einen Säbel
Hanser
München, 1986
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Der Ring der Clarisse
Suhrkamp
Frankfurt a. M., 1987
[Ü: Christine Wolter]
Stadelmann
Garzanti
Milano, 1988
Ein anderes Meer
Hanser
München, 1992
[Ü: Karin Krieger]
Wer steht auf der anderen Seite?
Residenz
Salzburg/Wien, 1993
[Ü: Renate Lunzer]
Vier seltsame Leben
AER
Bozen, 1995
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Donau
Zsolnay
Wien, 1996
[Ü: Heinz-Georg Held]
Triest
[Mit Angelo Ara]
Zsolnay
Wien, 1999
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur
Zsolnay
Wien, 2000
[Ü: Madeleine von Pasztory]
Utopie und Entzauberung
Hanser
München, 2002
[Ü: Ragni Maria Gschwend u. Karin Krieger]
Die Ausstellung
Hanser
München, 2004
[Ü: Hanno Helbling]
Die Welt en gros und en détail
dtv
München, 2004
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Schon gewesen sein
Korrespondenzen
Wien, 2004
[Ü: Marianne Frisch]
Blindlings
Hanser
München, 2007
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Die Verschwörung gegen den Sommer
Hanser
München, 2007
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Ein Nilpferd in Lund
Hanser
München, 2009
[Ü: Karin Krieger]
Das Alphabet der Welt
Von Büchern und Menschen
Hanser
München, 2011
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Verfahren eingestellt
Hanser
Hanser, 2017
[Ü: Ragni Maria Gschwend]
Schnappschüsse
Hanser
München, 2019
[Ü: Ragni Maria Gschwend]