Claire Keegan
- Irland
- Zu Gast beim ilb: 2006
Claire Keegan wurde 1968 in der irischen Grafschaft Wicklow geboren und wuchs als jüngstes Kind einer großen katholischen Familie in ländlicher Umgebung auf. Mit 17 Jahren reiste sie nach New Orleans, wo sie an der Loyola University Englische Literatur und Politikwissenschaft studierte. Nach Irland zurückgekehrt, begann sie, erste Kurzgeschichten zu verfassen, und erwarb im walisischen Cardiff einen Magistertitel in Kreativem Schreiben. Sie graduierte erneut im Fach Philosophie am Trinity College in Dublin.
1998 machte sie auf sich aufmerksam, als sie mit ihrer Kurzgeschichte »Storm« den Francis McManus Award gewann. Der Text ist auch in ihrem ersten Erzählband »Antarctica« (1999; dt. »Wo das Wasser am tiefsten ist«, 2004) enthalten, der ein Jahr später erschien. Seitdem gilt Keegan als wichtige neue Stimme der irischen Literatur, die mit Autoren wie William Trevor und Raymond Carver verglichen wurde. In ihren Kurzgeschichten evoziert sie die prekäre Verfasstheit des Alltags, dessen Gleichförmigkeit von möglichen Katastrophen umlagert ist und in dessen Sicherheit jederzeit ein Unglück einbrechen kann. Knapp und präzise entwirft Keegan – mal in auktorialer Erzählform, mal in Rollenprosa – beinahe novellenhafte Skizzen wie Versuchsanordnungen, in denen sich im Leben ihrer Charaktere aus der Mittelschicht ein Unheil vorbereitet, das schließlich eintritt, abgewendet werden kann oder in einer unerwarteten Wendung ausbleibt. Die glücklich verheiratete Engländerin, die etwas zu verpassen glaubt und einen Seitensprung begeht, der amerikanische Fischer, der entdeckt, dass er einen Mörder auf sein Boot eingeladen hat, das irische Au-Pair-Mädchen, das in Alpträumen vor einer Gefahr für seinen Schützling gewarnt wird, oder die Frau, die nach zehn Jahren ihren Liebhaber wiedertrifft: Es sind präzis gefasste Charaktere und Einzelschicksale, die – oft in religiöse Bezüge gesetzt – auf die conditio humana verweisen. »Das Risiko, das im Lebendigsein liegt, ist Claire Keegan immer gegenwärtig«, schrieb Ingeborg Harms in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. »Sie ist eine Stimme, die uns daran erinnert, dass die literarische Wahrnehmung kein dekadentes Vergnügen darstellt, sondern der elementaren Orientierung dient.«
Für ihr Debütwerk wurde Keegan u.a. mit dem William Trevor Award und dem Rooney Prize ausgezeichnet. Sie erhielt mehrere Stipendien und war Writer in Residence am University College in Cork. Die Autorin unterrichtet Kreatives Schreiben und arbeitet derzeit an ihrem ersten Roman und einer weiteren Erzählsammlung. Für ihre neue Kurzgeschichte »Dark Horses« (Ü: Dunkle Pferde) wurde sie 2005 erneut mit dem McManus Award ausgezeichnet. Sie lebt in Wexford, Irland.
© internationales literaturfestival berlin
Wo das Wasser am tiefsten ist
Steidl
Göttingen, 2004
[Ü: Inge Leipold und Hans-Christian Oeser]
Durch die blauen Felder
Steidl
Göttingen, 2008
[Ü: Hans-Christian Oeser]