Christoph Hein wurde 1944 in Heinzendorf, Schlesien, geboren. Nach Kriegsende zog die Familie nach Bad Düben, nahe Leipzig. Da ihm als Sohn eines evangelischen Pfarrers der Besuch der weiterführenden Schule verwehrt wurde, ging er 1958 nach Westberlin und wurde Internatsschüler eines humanistischen Gymnasiums. Wegen des Mauerbaus musste er die Schule 1961 ohne Abitur verlassen, das er erst drei Jahre später auf einer Abendschule nachholen konnte. Anschließend studierte er von 1967-71 Philosophie und Logik. Unter den zahlreichen Gelegenheitsarbeiten, die er in dieser Zeit übernahm, waren auch Engagements für kleinere Rollen und Tätigkeiten als Regieassistent. Nach dem Studium arbeitete er als Dramaturg unter der Leitung von Benno Besson an der Berliner Volksbühne, von der er ab 1974 als Hausautor verpflichtet wurde. Im gleichen Jahr wurde sein Stück „Schlötel oder Was solls“ uraufgeführt. 1979 verließ er, gemeinsam mit Besson, das Theater und ist seither als freier Autor tätig. Einen ersten großen Erfolg erzielte Hein in beiden deutschen Staaten mit der Novelle „Der fremde Freund“ (1982), die in Westdeutschland ein Jahr später unter dem Titel „Drachenblut“ veröffentlicht wurde. Diese Lebensbeichte ohne jeden Bekenntnischarakter, geschrieben aus der Perspektive einer Ostberliner Ärztin, bilanziert schonungslos Kälte und Entfremdung der zwischenmenschlichen Beziehungen. 1986 gelang ihm mit seinem Stück „Die Ritter der Tafelrunde“ eine Parabel auf die untergehende DDR. Die kurzfristig genehmigte Uraufführung 1989 in Dresden und die Publikation in „Sinn und Form“ waren ein Triumph über die allgegenwärtige Zensur, gegen die Hein stets klar Stellung bezog. Auch nach der Wende künden zahlreiche Stellungnahmen und Essays von seiner reflektierten Position als Intellektueller. Dem Autor, der sich selbst als „Chronist ohne Botschaft“ bezeichnet, gelingt es in seinen Romanen, Gesellschaftsanalysen von großer Dichte zu zeichnen. In geradezu sprödem Ton, vermittels prägnanter Dialoge und virtuos eingesetzter Rollenprosa werden exemplarische Biographien erzählt. Dabei changieren seine Figuren zwischen Alltagswirklichkeit und Determiniertheit durch die konkreten historischen Umstände. Christoph Heins Roman, „Landnahme“ (2004), von der Kritik hoch gelobt, und in Schauplatz, Motiven und Figuren ein Rekurs auf den Roman „Horns Ende“ (1985), bietet eine Chronik, die sich über fünfzig Jahre deutscher Geschichte erstreckt. Auch international gehört der vielfach ausgezeichnete Autor (u. a. Erich Fried-Preis, 1990, Schiller-Gedächtnis-Preis, 2004) zu den meistgelesenen deutschen Gegenwartsautoren, seine Werke sind in 35 Sprachen übersetzt. Christoph Hein lebt in Berlin.
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