Chloe Aridjis
- Großbritannien, Mexiko
- Zu Gast beim ilb: 2014, 2017
Chloe Aridjis wurde 1971 in New York geboren und wuchs in den Niederlanden sowie in Mexiko-Stadt auf. Die Tochter des Lyrikers und Umweltaktivisten Homero Aridjis studierte Komparatistik in Harvard und erhielt einen Master und einen Doktor in Oxford unter dem renommierten Literaturwissenschaftler Malcolm Bowie. Ihre Promotion beschäftigte sich mit Lyrik und Zaubershows im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Sie veröffentlichte in diversen Zeitschriften (u. a. in »Granta«, »frieze« und dem NPR-Projekt »Berlin Stories«). Des Weiteren verfasste sie Radiobeiträge für die BBC.
Fünfeinhalb Jahre lang lebte Aridjis in Berlin. Diese Stadt wählte sie auch zum Schauplatz ihres Debütromans »Book of Clouds« (2009; Ü: Buch der Wolken), mit dem sie den französischen Prix du Premier Roman Etranger gewann. Darin begegnet dem Leser eine einzelgängerische Flaneurin, die junge Mexikanerin Tatiana, der auf ihren Streifzügen allerlei skurrile und nicht minder einsiedlerische Figuren begegnen, ihr neue Sichtweisen auf die Stadt eröffnen und sie individuelle Methoden der Weltflucht lehren. Bereits im Prolog, bei einer Demonstration gegen die Berliner Mauer im Jahr 1986, vermischen sich historiografische Realität und die subjektiven, bisweilen ins traumhafte übergehenden Visionen der Protagonistin zu einem atmosphärischen Bewusstseinsstrom. Die eskapistische Entrücktheit und die beredte, stark ausgeformte literarische Stimme, mit der Aridjis Facetten der Urbanität porträtiert, brachten ihr u. a. das Lob von Paul Auster, Ali Smith und Junot Díaz ein. 2012 transponierte die belgische Zeichnerin Fabienne Loodts »Book of Clouds« in eine Graphic Novel. Aridjis’ zweiter Roman »Asunder« (2013) ist zu weiten Teilen in der Londoner National Gallery angesiedelt und inspiriert von auf unzähligen Museumsgängen gesammelten Erfahrungen und Notizen, Gesprächen mit Museumswärtern und durch Archivrecherchen. Als Museumswärterin, in dieser durch Passivität geprägten und nur wenig beachteten Profession, hat die Protagonistin Marie ihre stille Erfüllung gefunden. Introspektiv spiegelt sie ihre Existenz sowohl in den Gemälden als auch in den Menschen, die sie umgeben. Sie ist von der Suffragette Mary Richardson fasziniert, die 1914 Velásquez’ »Venus vor dem Spiegel« zu verunstalten versuchte, ein ideeller Gestus, der sie immer noch verfolgt. Aridjis’ Erzählerin sinniert über das Phänomen des Craquelé, der jahrhundertealten Netze aus feinen Rissen auf Ölgemälden, als greifbare und vielschichtige Vanitas-Metapher. Aridjis’ Roman »Sea Monsters« (Ü: Seeungeheuer) erscheint 2018.
Aridjis war Gast bei der MacDowell Colony, im Ledig House und der Santa-Maddalena-Stiftung. 2014 erhielt sie ein Guggenheim Fellowship. Sie war Co-Kuratorin der Leonora-Carrington Ausstellung im Tate Liverpool (2015) und spielt die Hauptrolle in dem Film »Female Human Animal« (2017). Sie lebt in London, wo sie Kreatives Schreiben lehrt und an verschiedenen Kunstprojekten beteiligt ist.
La magia y lo fantástico literario en la Francia del siglo XIX
Fondo de Cultura Económica Mexiko, 2005
Book of Clouds
Grove Press, Black Cat
New York, 2009
Asunder
Houghton Mifflin Harcourt
Boston, 2013