Céline Minard
- Frankreich
- Zu Gast beim ilb: 2014
Céline Minard wurde 1969 in der Hafenstadt Rouen im Norden Frankreichs geboren. Nach einem Studium der Philosophie arbeitete sie zunächst als Buchhändlerin, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei verschrieb.
Gemäß ihrer Ansicht, dass die Biografie einer Autorin deren Bibliothek sei, beeinflussten sie überwiegend philosophische Bücher und an erster Stelle der Kurzroman »Aus dem Leben eines Fauns« (1953) des deutschen Schriftstellers Arno Schmidt. Ihr eigenes literarisches Debüt »R.« (2004), mit dem es ihr einem Kritiker zufolge gelang, all die Fallstricke eines ersten Romans zu vermeiden, lässt einen Großneffen des französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau den Spuren seines berühmten Vorfahren folgen – und das nicht nur metaphorisch, sondern im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Wanderung, wie sie Rousseau selbst in seiner Jugend unternommen hat. Dabei schickt Minard nicht nur ihre Hauptfigur, sondern auch den Leser auf eine Entdeckungsreise, bei der die unterwegs gemachten Erfahrungen, mit barocker Sprachgewalt geschildert, ihre ihnen innewohnende Poesie offenbaren. In ihren weiteren Büchern zeigt die Autorin eine große Bandbreite an Themen, Genres und Erzählweisen. So handelt ihr Roman »Le Dernier Monde« (2007; Ü: Die letzte Welt) von einem Astronauten, der nach einer apokalyptischen Entrückung der gesamten Menschheit auf die verlassene Erde zurückkehrt und dabei die Erzählung zwischendurch auch an die Stimmen in seinem Kopf abgibt, die ihm in seiner Einsamkeit Gesellschaft leisten. Der Roman »Bastard Battle« (2008; Ü: Bastardschlacht), in dem eine asiatische Schwertkämpferin den Einwohnern von Chaumont hilft, ihre Stadt gegen die Streitmacht des Bastards Aligot von Bourbon zu verteidigen, kombiniert dagegen mittelalterliche Geschichte mit Manga-Elementen und wurde von der französischen Grafikdesignerin Fanette Mellier gestaltet. Ein weiteres Beispiel von Minards regelmäßiger Zusammenarbeit mit bildenden Künstlerinnen stellt der von Sylvie Comparo illustrierte Roman »Les Ales« (2011; Ü: Die Ales) dar. Im selben Jahr erhielt Minard zusammen mit dem deutschen Autor Thomas Melle (»Sickster«, 2011) den deutsch-französischen Franz-Hessel-Preis für ihren Roman »So Long, Luise« (2011; Ü: Bis dann, Luise) über eine alte, weltbekannte Schriftstellerin, die ihr literarisches Testament verfasst. Der jüngste Roman der Autorin, »Faillir être flingué« (2013; dt. »Mit heiler Haut«, 2014), gewann 2013 die französischen Literaturpreise Prix Virilo und Prix du Style. Minard, eine »große Autorin, die wie nebenbei auch das männlichste aller Genres, das des wilden Westerns, souverän beherrscht« (Matthes & Seitz), erzählt darin auf leichtfüßig-humorvolle Art und Weise die Geschichte des Indianermädchens »Über-die-Ebene-fließendes-Wasser«, das sich als Vollwaise einem Siedlertreck anschließt.
Céline Minard lebt in Paris.
Le Dernier Monde
Denoël
Paris, 2007
Bastard Battle
Léo Scheer
Paris, 2008
So Long, Luise
Denoël
Paris, 2011
Les Ales
[Illustration: Sylvie Comparo]
Cambourakis
Paris, 2011
Mit heiler Haut
Matthes & Seitz
Berlin, 2014
[Ü: Nathalie Mälzer]