Beqë Cufaj
- Kosovo
- Zu Gast beim ilb: 2010, 2012
Beqë Cufaj wurde 1970 in der im westlichen Kosovo gelegenen Stadt Deçan geboren, wo er auch aufgewachsen ist. Nach abgelegter Reifeprüfung zog er nach Prishtina, um dort albanische Sprach- und Literaturwissenschaft zu studieren. Nach Abschluss seines Studiums kam Cufaj 1995 nach Deutschland, genauer nach Gerlingen am Stadtrand von Stuttgart.
Seine Erfahrungen verarbeitete er in dem auf Albanisch verfassten Band »205« (1996), der in jener Zeit entstandene Gedichte und Prosastücke versammelt und betitelt ist nach Cufajs Zimmernummer der Sozialunterkunft, in der er seinerzeit wohnte. Ausgewählte Gedichte erschienen außerdem in der renommierten Literaturzeitschrift »Akzente«. In klarer Sprache und eindringlichen Bildern handeln diese von schmerzlichen Verlusten, von Tod und verlorener oder fremd gewordener Heimat. Während des Kosovokriegs veröffentlichte Cufaj Essays, in welchen er die Ereignisse in seiner Heimat aus seiner Perspektive reflektierte und westeuropäischen Lesern begreiflich zu machen versuchte. Seine Artikel wurden in zahlreichen europäischen Zeitungen publiziert, u. a. in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, der »Neuen Zürcher Zeitung« sowie in dem französischen Wochenmagazin »Courrier International«. Er arbeitet als Journalist und Korrespondent, u. a. für die einflussreiche kosovo-albanische Tageszeitung »Koha Ditore«, an deren Wiederaufbau er nach Kriegsende beteiligt war. Cufajs Berichte sind in dem Buch »Kosova – Rückkehr in ein verwüstetes Land« (2000) versammelt. Darin finden sich auch sehr persönliche Texte, die u. a. von seinem ermordeten Onkel handeln, oder Tagebuchaufzeichnungen, die als luzides Zeitdokument erscheinen. In dieser Zusammenstellung entsteht ein differenziertes und lebensnahes Bild seiner Heimat, durch das eine Hoffnung auf Versöhnung hindurchklingt. Sein Romandebüt gab er mit »Shkëlqimi i huaj« (2003; dt. »Der Glanz der Fremde«, 2005). Es handelt von zwei jungen Kosovo-Albanern, Arben und Ricky. Einfühlsam erzählt und präzise beobachtet, zeugt es von Cufajs Erfahrungen, die er autobiografisch in den Roman mit eingearbeitet hat. Kindheitserinnerungen bekommen dabei ein besonderes Gewicht, beispielsweise wenn Arben zu Beginn von seinem Heimatdorf erzählt. Aus der kindlichen Sicht heraus werden die Dinge teils noch schärfer wahrgenommen, wie zum Beispiel in jener kurzen Passage: »Allerdings wußte ich von meinem Vater, daß die Straße, die in unserem Ort Marschall-Tito-Straße hieß, zwei große Städte miteinander verband. Unser Städtchen war also nur eine Zwischenstation.« Es ist nur eine von vielen Stellen, an denen deutlich wird, welche Geschichte die beiden jungen Männer in sich tragen, dessen Lebenswege sich schließlich in Deutschland kreuzen.
Cufaj lebt in Stuttgart und Prishtina.
© internationales literaturfestival berlin
205
Dukagjini
Peć, 1996
Kosova
Rückkehr in ein verwüstetes Land
Zsolnay
Wien, 2000
[Ü: Joachim Röhm]
Der Glanz der Fremde
Zsolnay
Wien, 2005
[Ü: Joachim Röhm]
projekt@party
Secession
Zürich, 2012
[Ü: Joachim Röhm]