Ben Lerner
- Zu Gast beim ilb: 2020
Ben Lerner wurde 1979 in Topeka, Kansas, geboren. Er studierte an der Brown University bei der Lyrikerin C. D. Wright, erwarb einen BA in Politikwissenschaften und einen MA in Dichtung.
Lerners erster Lyrikband »The Lichtenberg Figures« (2004; dt. »Die Lichtenbergfiguren«, 2011) ist eine Sammlung von 52 Sonetten, dessen Titel sich auf die Entdeckung des deutschen Physikers und Aphoristikers Georg Christoph Lichtenberg von 1777 bezieht, dass sich bei Entladung elektrischer Hochspannung auf einer Isolatorplatte farn- bzw. sternförmiger Muster bilden. Lerners Sonette widmen sich den Strukturen von Sprache und Erinnerung und oszillieren zwischen verschiedenen Registern wie dem Slang, der Internetterminologie, den Ausdrucksformen des wissenschaftlichen Diskurses oder des Alten Testaments. 2011 wurde ihm für den Band der Preis der Stadt Münster für Internationale Poesie zuerkannt. Es folgten die Lyrikbände »Angle of Yaw« (2006) sowie »Mean Free Path« (2010). 2016 erschien Lerners Essay »The Hatred of Poetry« (dt. »Warum hassen wir die Lyrik?«, 2016), in dem er der Frage nachgeht, warum Poesie als elitäre Kunstform eine Randstellung im Literaturbetrieb einnimmt. Lerners erster, mit dem Believer Book Award ausgezeichneter Roman »Leaving the Atocha Station« (2011; dt. »Abschied von Atocha«, 2013) zeigt einen jungen amerikanischen Lyriker, der ein Jahr als Stipendiat in Madrid verbringt, um ein Prosagedicht über die Rolle der Literatur im Spanischen Bürgerkrieg zu verfassen. Doch statt zu schreiben, inszeniert er ein Leben als Lyriker, tischt seiner Umgebung allerlei Legenden auf und verstrickt sich dabei immer mehr in Angstgefühle. Als Madrid 2004 schließlich Zielscheibe des Al-Qaida-Terrors wird und auf dem Bahnhof Puerta de Atocha eine Bombe explodiert, verlangen seine Freunde ein politisches Bekenntnis von ihm. Auch der Protagonist von Lerners zweitem Roman »10:04« (2014; dt. »22:04«, 2016) ist ein Schriftsteller, der in seiner Euphorie über den Erfolg seiner ersten Romanveröffentlichung gebremst wird, als man bei ihm einen Hirntumor entdeckt. Lerners jüngster Roman »The Topeka School« (2019; dt. »Die Topeka-Schule«, 2020) spielt Ende der 1990er Jahre in seiner Heimatstadt. In drei miteinander verflochtenen Handlungssträngen wechselt die Erzählung perspektivisch zwischen dem Protagonisten Adam, der gerade sein letztes Jahr auf der Highschool verbringt, und seinen Eltern, den Psychologen Jonathan und Jane. Adam ist einerseits in der hyperintellektuellen Welt seiner Eltern verwurzelt, andererseits wird er in der Schule mit jugendlicher Wut und Verachtung konfrontiert, die in körperliche Gewalt münden können.
2013 war Lerner Guggenheim-Stipendiat. 2016 wurde er der erste Lektor für Lyrik beim Verlag Harper und Fellow des New Yorker Instituts für Geisteswissenschaften. 2017 wählte ihn »Granta« unter die »21 besten US-Schriftsteller des Jahrzehnts«. Er lebt in Brooklyn.
Die Lichtenbergfiguren
Lux
Wiesbaden, 2011
[Ü: Steffen Popp]
Angle of Yaw
Copper Canyon Press
Port Townsend, 2006
Mean Free Path
Copper Canyon Press
Port Townsend, 2010
Warum hassen wir die Lyrik?
Ein programmatischer Essay
Rowohlt
Reinbek bei Hamburg, 2016
[Ü: Nikolaus Stingl]
Abschied von Atocha
Rowohlt
Reinbek bei Hamburg, 2013
[Ü: Nikolaus Stingl]
22:04
Rowohlt
Reinbek bei Hamburg, 2016
[Ü: Nikolaus Stingl]
Schnee über Venedig
[mit Alexander Kluge]
Spector
Leipzig, 2018
Die Topeka-Schule
Suhrkamp
Berlin, 2020
[Ü: Nikolaus Stingl]