Beata Umubyeyi Mairesse
- Frankreich, Ruanda
- Zu Gast beim ilb: 2024
Beata Umubyeyi Mairesse wurde 1979 in Butare, Ruanda, geboren. Sie ist Überlebende des Völkermords an den Tutsi, vor dem sie 1994 nach Frankreich floh. Dort studierte sie Politikwissenschaften und war für verschiedene internationale NGOs tätig.
Nach zwei Büchern mit Kurzgeschichten und einem Prosagedichtband legte sie 2019 mit »Tous tes enfants dispersés« (En. »All Your Children, Scattered«, 2022; Dt. All deine Kinder, zerstreut) ihren Debütroman vor, der die Folgen des Völkermords in Ruanda auf drei Generationen einer Familie untersucht. Erzählt wird er aus drei Perspektiven: Immaculata hat das Massaker in Butare überlebt, indem sie sich im Keller einer Buchhandlung versteckt hat. Ihre Tochter Blanche wurde kurz vor Beginn der Morde nach Frankreich evakuiert, hat dort geheiratet und ein Kind bekommen: Stokely ist in Bordeaux aufgewachsen. Als Blanche nach Ruanda zurückkehrt und ihrer Mutter wiederbegegnet, reißen alte Wunden auf. Währenddessen versucht Stokely zu verstehen, wo er herkommt und wo er hingehört. »Der Roman ist eine ergreifende Meditation über die Gewalt, die das Leben so vieler Menschen zerstört hat«, so der »Guardian«. Er wurde unter anderem mit dem Prix des cinq continents de la francophonie ausgezeichnet.
Beata Umubyeyi Mairesses zweiter Roman, »Consolée« (2022), rückt das Schicksal der sogenannten Métis in den Fokus: afro-belgische Kinder, die während der belgischen Kolonialzeit im Kongo, in Burundi und Ruanda zu Tausenden verschleppt wurden und in Heimen oder bei Adoptivfamilien aufwuchsen. 1954 wird Consolée, Tochter eines Weißen und einer Ruanderin, ihrer Familie entrissen. 65 Jahre später lebt sie, mittlerweile an Alzheimer erkrankt, in einem französischen Pflegeheim. Dort trifft sie auf die angehende Kunsttherapeutin Ramata, die selbst senegalesischer Herkunft ist und versucht, Consolées Lebensweg nachzuzeichnen. Der Roman wurde mit dem Prix Ahmadou Kourouma ausgezeichnet, der im Rahmen des Genfer Salon du Livre verliehen wird.
Zuletzt erschienen ist der Essay »Le convoi« (2024; Ü: Der Konvoi), für den die Autorin eine umfangreiche Recherche unternommen hat: Mit einem Schweizer Hilfskonvoi, der von einem BBC-Team begleitet wurde, ist Beata Umubyeyi Mairesse 1994 aus Ruanda gerettet worden. Im Gespräch mit Überlebenden, humanitären Helfer:innen und Journalist:innen, die damals dabei waren, rekonstruiert sie die Geschichte: »Meine eigene und durch sie, denn es geht ja darum, mich wieder in ein Kollektiv einzuschreiben, unsere Geschichte, die Geschichte der Kinder der Konvois«, so die Autorin. Das Memoire erhielt den Prix Essai France Télévisions.
Beata Umubyeyi Mairesse lebt in Frankreich. Beim 24. ilb im September 2024 hält sie die Eröffnungsrede.
Tous tes enfants dispersés
Autrement
Paris, 2019
All Your Children, Scattered
Europa Editions
London, 2022
(englische Übersetzung: Alison Anderson)
Consolée
Autrement
Paris, 2022
Le convoi
Flammarion
Paris, 2024