Assia Djebar
Assia Djebar gilt als eine der bedeutendsten Erzählerinnen des Maghreb. Ihr eigentlicher Name ist Fatima-Zohra Imalayène. Sie wurde 1936 in Cherchell, einer kleinen Küstenstadt bei Algier geboren, besuchte die Koranschule und die französische Grundschule. Als erste algerische Studentin wurde sie an der renommierten „École Normale Supérieure“ in Paris zugelassen und studierte dort Geschichte. Mit zwanzig Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Roman „La Soif“ (1957), eine tiefgründige psychologische Studie über die Konflikte ihrer Generation, speziell der Frauen, erzählerisch unter einer scheinbar unbeschwerten Oberfläche. Aus Rücksicht auf ihre Familie nahm sie das Pseudonym Assia Djebar an. Während des Algerischen Befreiungskrieges arbeitete sie für die Zeitung der antikolonialistischen FLN, „El-Moujahid“, und an der Universität von Rabat, wo sie sich in zahlreichen kulturellen Initiativen engagierte. Danach lehrte sie nordafrikanische Geschichte und arbeitete für algerische Zeitungen und Radiosender. Nachdem Algerien die Unabhängigkeit erlangt hatte, wurden die Autoren landesweit aufgerufen, auf Arabisch zu schreiben, woraufhin Djebar klassisches Arabisch studierte und die französische Sprache in ihren späteren Romanen mit arabischen Klängen und Rhythmen bereicherte. Bis zu ihrem dreißigsten Lebensjahr veröffentlichte sie noch drei weitere Romane. Dann wandte sie sich dem Film zu. Ihr erster Film, „La Nouba des femmes du mont Chenoua“ (1977), über eine algerische Ingenieurin, die nach jahrelangem westlichen Exil nach Algerien zurückkehrt, gewann 1979 den „Internationalen Kritikerpreis“ auf der Biennale von Venedig. Ihre Chronik des Lebens im Maghreb in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, „La Zerda ou les chants de l’oubli“, erhielt 1982 den Sonderpreis für den besten historischen Film der Berlinale. In den 80´er Jahren fand Djebar zurück zum Schreiben. Sie gab ihre Position als Geschichtsprofessorin an der Universität von Algier auf und zog nach Paris. 1980 erschien, vielbeachtet, „Femme d’Alger dans leur appartement“ (dt. „Die Frauen von Algier“), ein Erzählzyklus, der mit neuen Stilmitteln experimentiert, vielen Dialogfeldern, einer sehr klangorientierten Sprache und Schnitttechniken, die aus der Filmdramaturgie stammen. Seither erschienen in kurzen Abständen weitere Romane, 1985 „L’amour, la fantasia“ (dt. „Fantasia“), eines ihrer erfolgreichsten Bücher, welches ihre Autobiographie mit historischen Berichten über die französischen Eroberung von 1830 und den algerischen Befreiungskrieg vereint. Das Buch bildet den Auftakt zu einer Tetralogie, die den Maghreb in seinen vielen Facetten, in Geschichte und Gegenwart einfängt, immer auch im Hinblick auf die Stellung der Frau.
Djebar erhielt zahlreiche Literaturpreise, darunter 1985 den „Franco-Arabischen Freundschaftspreis der Literatur“, den „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“ (2000), den Literaturpreis „Dedica“ für ihr Gesamtwerk (2004), den „Pablo-Neruda-Preis (2005) sowie den Grinzane-Cavour-Literaturpreis (2006). Sie erhielt die Ehrendoktorwürden der Concordia University in Montréal sowie der Universität Osnabrück verliehen und wurde 2005 als erste Autorin des Maghreb in die Académie française gewählt. Ihre Romane erschienen in zahlreichen Sprachen. Von 1997 bis 2001 lehrte sie an der Louisiana State University und seither an der New York University. Djebar lebt in New York und Paris.
© internationales literaturfestival berlin
Fantasia
Unionsverlag
Zürich, 1990
[Ü: Inge M. Artl ]
Die Frauen von Algier
Unionsverlag
Zürich, 1999
[Ü: Alexandra von Reinhardt]
Durst
Unionsverlag
Zürich, 2001
[Ü: Rudolf Kimmig]
Nächte in Straßburg
Unionsverlag
Zürich, 2002
[Ü: Beate Thill]
Das verlorene Wort
Unionsverlag
Zürich, 2004
[Ü: Beate Thill]
Nirgendwo im Haus
meines Vaters
Fischer
Frankfurt/Main, 2009
[Ü: Marlene Frucht]
Übersetzer: Inge M. Arlt, Rudolph Kimmig, Wilhelm Maria Lüsberg, Alexandra von Reinhardt, Beate Thill, Hans Thill