23. ilb 06. – 16.09.2023

Asher Reich

Asher Reich wurde 1937 in Jerusalem, im damals unter britischem Protektorat stehenden Palästina, geboren. Er wuchs isoliert vom modernen Leben in Mea Shearim auf, dem orthodoxen Stadtviertel Jerusalems. Die streng religiöse Erziehung durch die Eltern setzte sich in der Schule fort, wo der Unterricht ausschließlich auf dem Studium heiliger Schriften basierte. Als Achtzehnjähriger verließ er das Viertel – ein radikaler Schritt, den er einmal als „Sprung über die Zeit, auf einen anderen Planeten“ bezeichnete. Nach dem Militärdienst studierte er Hebräische Literatur und Philosophie an der Hebrew University in Jerusalem. In Tel Aviv arbeitete er als Journalist und Redakteur für verschiedene Zeitungen und unterrichtete kreatives Schreiben an der Universität in Be’er Sheva. Von 1980 bis 2002 war er Chefredakteur von „Moznaim“, der Literaturzeitschrift des israelischen Schriftstellerverbandes. Sein erster Lyrikband „Ha-Shana Ha-Svi’it Le-Nedudai“ (Ü: Im siebten Jahr) wurde 1961 veröffentlicht und mit dem Anne-Frank-Preis der American Israel Cultural Foundation ausgezeichnet. Bis heute sind dreizehn Gedichtbände erschienen, darunter „Zrihat Layla“ (1972; engl. Ü: Night Rise), „Avodot Al Nyar“ (1988; dt. „Arbeiten auf Papier“, 1992) und „Musikat Horef“ (1996; Ü: Wintermusik). Die Intensität seiner Lyrik, die sinnlich-poetische Bilder mit Zitaten aus Talmud und Bibel verbindet, entspringt aus den gegensätzlichen Einflüssen der konträren Lebenswelten des Dichters. Christoph Meckel schreibt im Nachwort zu „Arbeiten auf Papier“: „Der Schriftkundige hatte die Sprachen der Welt zu lernen, Jargon und Tonarten der profanen Zeit, politisches und technisches Vokabular des modernen Staates und seiner Propaganda, die Geheimsprachen der Liebe, des Körpers, der Seele, Dialekte des täglichen Lebens und der Straße, akademische, literarische Hypertrophien.“ Asher Reich hingegen betont den Einfluss seiner Kindheit: „Andererseits war es mir vergönnt, noch bevor ich drei Jahre alt war, zu den Worten und Klängen der Gebete und der Thora zu schreiten. In diesem Schreiten verbrachte ich die Wüste meiner Kindheit und lebte halb in einer verzauberten, verbalen Welt.“ Mit „Tel Aviver Ungeduld“ (2000) liegt eine weitere Gedichtsammlung in deutscher Übersetzung vor. Neben Lyrik veröffentlichte er Hörspiele, Erzählungen und den autobiographischen Roman „Zichronot Shel Holeh Shichehah“ (1993; dt. „Erinnerungen eines Vergesslichen“, 2000), der 1990 während eines DAAD-Stipendiums in Berlin entstand. Für seine Werke erhielt er eine Reihe von Auszeichnungen, u. a. 2000 den Präsidentenpreis für Literatur in Israel. 2004/2005 war Asher Reich erneut DAAD-Stipendiat in Berlin. Er lebt in Tel Aviv.

© internationales literaturfestival berlin

Bibliographie

Ha-Shana Ha-Shvi’it Le-Nedudai
Ekked
Tel Aviv, 1961

Mar’eh Makom
Massada
Givàtayim, 1978

Hafisah Hadashah
Am Oved
Tel Aviv, 1983

Seder Ha-Shirim
Sifriat Poàlim
Tel Aviv, 1986

Arbeiten auf Papier
Rowohlt
Reinbek, 1992
Übersetzung: Judith Brüll, Jehuda Eren, Efrat Gal-Ed, Gila Lustiger, Christoph Meckel, Andrea Schatz

Zikhronot shel holeh shikhehah
Ma’ariv Book Guild
Tel Aviv, 1993

Pene ha-arets
ha-Kibuts ha-me’uhad
Tel Aviv, 1999

Erinnerungen eines Vergesslichen
Bleicher
Gerlingen, 2000
Übersetzung: Ruth Achlama

Tel Aviver Ungeduld
Axel Dielmann
Frankfurt/Main, 2000
Übersetzung: Lydia Böhmer, Paulus Böhmer, Werner Söllner

Atid domem
Keshev le-shirah
Tel Aviv, 2002

Ish `im delet
ha-Kibuts ha-me’uhad
Tel Aviv, 2004

Übersetzer: Ruth Achlama, Lydia Böhmer, Paulus Böhmer, Judith Brüll, Jehuda Eren, Efrat Gal-Ed, Gila Lustiger, Christoph Meckel, Andrea Schatz, Werner Söllner