Antonio Scurati
- Italien
- Zu Gast beim ilb: 2020
Der Schriftsteller und Medientheoretiker Antonio Scurati wurde 1969 in Neapel geboren. Nach einem Abschluss in Philosophie an der Universität von Mailand setzte er sein Studium an der École des hautes études en sciences sociales in Paris fort und promovierte schließlich an der Universität Bergamo mit einer Arbeit über Texttheorie. Dort war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centro studi sui linguaggi della guerra e della violenza tätig und forschte über Medientheorie. 2008 wechselte er nach Mailand an die Libera Università di Lingue e Comunicazione IULM, wo er heute Kreatives Schreiben und Rhetorik lehrt.
In seinem Essay »Guerra. Narrazioni e culture nella tradizione occidentale« (2003; Ü: Krieg. Erzählungen und Kulturen in der westlichen Tradition), der zu den Finalisten des Premio Viareggio zählte, untersucht er nicht nur den Archetyp des Kriegers in der westlichen Kulturgeschichte, sondern zeichnet auch die historische Entwicklung des Kriegsparadigmas nach – seine Entstehung im antiken Epos, seine Krisenphase in der romantischen Moderne, seine Erschütterung im Zeitalter des Fernsehens. Scuratis Roman »Il sopravvissuto« (2005, Ü: Der Überlebende) gewann den Premio Campiello und den Premio Nazionale Letterario Pisa und ist inspiriert von den Ereignissen des Schulmassakers von Littleton (USA) 1999. 2006 erschien Scuratis Essay über Medien, Dadaismus, Literatur und Humanismus mit dem Titel »La letteratura dellʼinesperienza. Scrivere romanzi al tempo della televisione« (Ü: Die Literatur der Unerfahrenheit. Das Schreiben von Romanen im Fernsehzeitalter). Ein Jahr später drehte er den Dokumentarfilm »La stagione dellʼamore« (Ü: Jahreszeit der Liebe) über das Thema Liebe im heutigen Italien und griff dabei die 1965 von Pier Paolo Pasolini durchgeführte filmische Umfrage »Comizi dʼamore«. Nach seinem Roman »Una storia romantica« (2007; dt. » Eine romantische Geschichte«, 2012), in dem Scurati zwei Zeitebenen, die Tage des Mailänder Aufstands vor der Einigung Italiens und die Periode fast vierzig Jahre später, im Jahr 1885, verzahnt und mit zahlreichen Zitaten aus der Weltliteratur anreichert, folgte 2009 »Il bambino che sognava la fine del mondo« (dt. »Das Kind, das vom Ende der Welt träumte«, 2010). Der Roman behandelt die Gier der Medien nach Tragödien und vermischt Fiktion und Wirklichkeit. Zuletzt erschien »M. Il figlio del secolo« (2018; dt. »M. Der Sohn des Jahrhunderts«, 2020), der erste von drei geplanten Bänden einer Biografie über Benito Mussolini, ausgezeichnet mit dem Premio Strega 2019 und zugleich Auslöser kontroverser Diskussionen.
Scurati schreibt für die Wochenzeitung »Internazionale« und die Tageszeitung »La Stampa«. Im September 2019 gab »Corriere della Sera« den Beginn der Zusammenarbeit mit Scurati bekannt. Sein erster Artikel widmete sich dem Thema Sterbehilfe.
Il rumore sordo della battaglia
Mondadori
Mailand, 2002
Guerra
Narrazioni e culture nella tradizione occidentale
Donzelli
Rom, 2003
Il sopravvissuto
Bompiani
Mailand, 2005
La letteratura dellʼinesperienza
Scrivere romanzi al tempo della televisione
Bompiani
Mailand, 2006
Das Kind, das vom Ende der Welt träumte
Rowohlt
Reinbek b. Hamburg, 2010
[Ü: Suse Vetterlein]
Eine romantische Geschichte
Rowohlt
Reinbek b. Hamburg, 2012
[Ü: Suse Vetterlein]
Gli anni che non stiamo vivendo
Bompiani
Mailand, 2010
La seconda mezzanotte
Bompiani
Mailand, 2011
Letteratura e sopravvivenza
La retorica letteraria di fronte alla violenza
Bompiani
Mailand, 2012
Il padre infedele
Bompiani
Mailand, 2013
Il tempo migliore della nostra vita
Bompiani
Mailand, 2015
M. Der Sohn des Jahrhunderts
Klett-Cotta
Stuttgart, 2020
[Ü: Verena von Koskull]