António Lobo Antunes
- Portugal
- Zu Gast beim ilb: 2007
António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren und wuchs im Stadtteil Benfica auf. Seine Eltern entstammten der gehobenen Mittelschicht. Er studierte in seiner Heimatstadt Medizin mit dem Schwerpunkt Psychiatrie. Von 1971 bis 1973 war er während des portugiesischen Kolonialkriegs Militärarzt in Angola. Nach seiner Rückkehr arbeitete er als Psychiater an der Lissaboner Nervenklinik Hospital de Miguel Bombarda. 1976 begann er, seine ersten beiden Romane, »Memória de Elefante« (dt. »Elefantengedächtnis«, 2004) und »Os Cus de Judas« (dt. »Der Judaskuss«, 1987), zu schreiben. Beide erschienen 1979 und machten den Autor in Portugal schlagartig bekannt. Sie verarbeiten, wie auch viele spätere Werke, seine Kriegs- und Berufserfahrungen. Seit 1985 ist er freier Schriftsteller.
Lobo Antunes wird seit Jahren als Anwärter für den Nobel pr eis gehandelt. Seine Romane haben einen unverwechselbaren Stil: Kunstvoll, komplex und zuweilen labyrinthisch gestaltet, zeichnen sie sich besonders durch häufigen Perspektiv- und Tempuswechsel aus. Nicht selten werden zeitlich weit auseinander liegende Begebenheiten im Text eng verschränkt. Die Werke behandeln Portugals Geschichte und Gegenwart und richten ihr Augenmerk auf unbedeutende und randständige Existenzen. Zusammenfassend kommentierte Verena Auffermann, Lobo Antunes habe »auf seine, die Politik als Menschenschicksal verstehende Weise die Sozialgeschichte Portugals vom Kolonialkrieg in Angola über die Diktatur Salazars, die Nelkenrevolution 1975 und den Übergang zum pr osperierenden EU-Mitglied geschrieben«.
Inzwischen liegen über zwanzig Werke des Autors vor. Zu den wichtigsten gehören »Fado Alexandrino« (1983; dt. 2002), »As Naus« (1988; dt. »Die Rückkehr der Karavellen«, 2000) und »Manual dos Inquisidores« (1996; dt. »Das Handbuch der Inquisitoren«, 1997). Seit 1998 erscheinen Sammelbände seiner »Crónicas« – oft autobiografischer Kolumnen für die Sonntagsbeilage der portugiesischen Tageszeitung »Público« und später für das Wochenmagazin »Visão«. Inzwischen liegen drei Bände vor. 2005 gaben seine Töchter Maria José und Joana die Briefe, die Lobo Antunes während seiner Zeit in Angola an seine Frau schrieb, unter dem Titel »D’este viver aqui neste papel descripto: cartas de guerra« (2005; dt. »Leben, auf Papier beschrieben – Briefe aus dem Krieg«, 2007) heraus. Ein Jahr später erschien sein aktueller Roman »Ontem não te vi em Babilónia« (Ü: Gestern habe ich dich nicht in Babylon gesehen).
Lobo Antunes’ Werke wurden in über dreißig S pr achen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Grande Prémio de Romance e Novela des Portugiesischen Schriftstellerverbandes, dem Prêmio Franco-Português, dem Österreichischen Staats pr eis für europäische Literatur, dem Jerusalem-Preis und zuletzt dem Prémio Camões, dem wichtigsten Literatur pr eis portugiesischs pr achiger Länder. 2007 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Trás-os-Montes e Alto Douro verliehen. Lobo Antunes lebt in Lissabon.
© internationales literaturfestival berlin
Auto dos danados
Dom Quixote
Lisboa, 1985
Der Judaskuss
Hanser
München, 1987
[Ü: Ray-Güde Mertin]
Das Handbuch der Inquisitoren
Luchterhand
München, 1997
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Anweisungen an die Krokodile
Luchterhand
München, 1999
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Die Rückkehr der Karavellen
Luchterhand
München, 2000
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Geh nicht so schnell in diese dunkle Nacht
Luchterhand
München, 2001
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Der Tod des Carlos Gardel
Fischer
Frankfurt/Main, 2001
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Fado Alexandrino
Luchterhand
München, 2002
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Einblick in die Hölle
Luchterhand
München, 2003
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Elefantengedächtnis
Luchterhand
München, 2004
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Guten Abend ihr Dinge hier unten
Luchterhand
München, 2005
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Buch der Chroniken
Luchterhand
München, 2007
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Ontem não te vi em Babilónia
Dom Quixote
Lissabon, 2006
Einen Stein werd ich lieben
Luchterhand
München, 2007
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Leben, auf Papier beschrieben
Luchterhand
München, 2007
[Ü: Maralde Meyer-Minnemann]
Übersetzer: Ray-Güde Mertin, Maralde Meyer-Minnemann