Antonio José Ponte
- Kuba, Spanien
- Zu Gast beim ilb: 2007
Antonio José Ponte wurde 1964 im kubanischen Matanzas geboren. Er arbeitete zunächst als Hydraulik-Ingenieur, später als Professor für Literatur, Drehbuchautor, Essayist und Schriftsteller. 1999 lebte er, ausgestattet mit einem EU-Stipendium, im portugiesischen Porto. Obwohl Pontes frühe Gedichte und Essays 1991 und 1995 noch mit staatlichen Preisen ausgezeichnet worden waren, wurde er 2003 aus der Nationalen Schriftsteller- und Künstlervereinigung Kubas ausgeschlossen, und seine Texte wurden nicht mehr zur Veröffentlichung zugelassen. Jedes öffentliche Amt war ihm verwehrt. Seit 2006 lebt er in Madrid und darf nicht mehr in sein Heimatland zurückkehren. Er war für die in Madrid erscheinende, regimekritische Zeitschrift »Encuentro de la Cultura Cubana« in beratender Funktion tätig und ist derzeit einer ihrer Direktoren. Außerdem veröffentlicht er u.a. regelmäßig in der in den USA herausgegebenen digitalen Literaturzeitschrift »La Habana Elegante«.
Ponte zählt zu den eigenwilligsten kubanischen Kulturschaffenden. Sein bedeutendster Essay ist »El abrigo de aire« (1995; Ü: Unterstand in der Luft), in dem er den Missbrauch des Werks des kubanischen Freiheitskämpfers und Schriftstellers José Martí zur ideologischen Legitimation der Revolution und der Regierung Fidel Castros geißelt, sowie die Bereitschaft von Schriftstellern und Literaturkritikern, diesen Missbrauch zu unterstützen. Weitere Essays erschienen u.a. in dem auch ins Französische übersetzten Band »Las comidas profundas« (1997; Ü: Die tiefgründigen Mahlzeiten). Ponte bezeichnet sich selbst als Inhaber eines imaginären Lehrstuhls für »Ruinologie«. Der Verfall Havannas zieht sich seit seinem 1997 erschienenen Gedichtband »Asiento en las ruinas« (Ü: Sitzplatz in den Ruinen) wie ein roter Faden durch seine Arbeiten. Seine Kurzgeschichte »Un arte de hacer ruinas« (2000; Ü: Die Kunst, Ruinen zu erschaffen) aus dem auch ins Englische übersetzten Band »Cuentos de todas partes del imperio« (2000; Ü: Kurzgeschichten aus allen Teilen des Imperiums) erzählt von einem Architekturstudenten, der seine Doktorarbeit über Zwischengeschosse schreiben will. Gemeinsam mit seinem Doktorvater durchstreift er zunächst längst unbewohnbare Häuser Havannas, um schließlich in das weitverzweigte Tunnelsystem unter der Stadt vorzudringen, das von Castro für den Verteidigungsfall angelegt wurde, während an der Oberfläche immer mehr Häuser einstürzten. Je weiter der Student in diese Unterwelt vordringt, desto fantastischer wird die Geschichte. »Um seine politische Macht zu legitimieren, sagt Fidel Castro ständig, uns drohe eine Invasion der US-Amerikaner. Um diesen Diskurs architektonisch zu legitimieren, muss die Stadt so aussehen, als sei sie bereits überfallen und bombardiert worden«, sagt Ponte in dem Dokumentarfilm »Die neue Kunst, Ruinen zu bauen« (Deutschland, 2006), in dem er den Zuschauer als Interviewpartner durch die Ruinen Havannas führt. Auch Pontes neuestes, in Spanien verlegtes Werk »La fiesta vigilada« (2007; Ü: Das überwachte Fest) befasst sich mit der Zerstörung Havannas.
© internationales literaturfestival berlin
La lengua de Virgilio
Vigía
Matanzas, 1993
Las comidas profundas
Deleatur
Angers, 1997
Asiento en las ruinas
Letras Cubanas
Havanna, 1997
Cuentos de todas partes del imperio
Deleatur
Angers, 2000
El abrigo de aire
B. Viterbo
Rosario, 2001
Contrabando de sombras
Mondadori
Barcelona, 2002
El libro perdido de los origenistas
Aldus
Mexiko-Stadt, 2002
Tales from the Cuban Empire
City Lights Books
San Francisco, 2002
[Ü: Cola Franzen]
La fiesta vigilada
Anagrama
Barcelona, 2007
Sartre a La Havane
NRF, 581/42
Paris, 2007
Übersetzer: Cola Franzen