Amjad Nasser
- Jordanien
- Zu Gast beim ilb: 2009
Amjad Nasser wurde 1955 in al-Turra, Jordanien, geboren. Schon mit Anfang 20 wurden erste Gedichte von ihm in Zeitungen abgedruckt. 1976 arbeitete er für zwei Jahre als Journalist für Fernsehanstalten und Zeitungen, zog daraufhin erst nach Beirut, wo er den Kulturteil der Wochenzeitung »Al Hadaf« mit betreute, später weiter nach Zypern, wo er als künstlerischer Leiter des Magazins »Al-Ufq« arbeitete, und 1987 nach London, wo er 1989 die Zeitung »al-Quds al-Arabi« mitbegründete, deren Feuilleton er heute leitet.
Nassers Prosagedichte kreisen um einprägsame Situationen und persönliche Erfahrungen, aber auch um die Geschichte der arabischen Welt und die Befremdlichkeit, die der Gegensatz zwischen Moderne und Tradition schafft − so zum Beispiel in dem Text »Tontafeln«, in welchem der Ich-Erzähler im modernen Amman auf Tontafeln stößt, deren »schlammiger Geruch« in seinem Kopf die Geschichte Babylons aufblitzen lässt, so intensiv und mächtig, dass er sie von sich weisen muss: »Eine Hand, die dereinst von Würmern zerfressen wird, kann die Last der Ewigkeit nicht tragen.« In »Eine Ähnlichkeit« lauscht der Erzähler in einer Bar anfangs zufällig, dann aber immer konzentrierter dem Monolog eines anderen Gastes, der einen bitteren Schluss aus seinen Erfahrungen mit der Liebe zieht, und bemerkt erst am Ende mit Schrecken, dass seine Stimme genauso wie die des Gastes klingt, dass eigentlich er selbst die verzweifelte Anklage erhebt. In »Annäherung an Marcus Antonius« benutzt Nasser die Beziehung zwischen Kleopatra und Marcus Antonius als Metapher, um die Entstehung einer modernen Romanze zu beschreiben. Nassers Sprache ist in dieser Erzählung von Kriegsmetaphern durchzogen, beispielsweise wenn er die Arme der Angebeteten mit »polierten Speeren« oder den verwirrten Geist des frisch Verliebten mit einer »desolaten Kommandozentrale« vergleicht. Der Autor versteht es, mit einfachen Worten große Zusammenhänge zu beschreiben, egal ob es um die Entfremdung der eigenen Kultur, das Erkennen seiner selbst in fremden Menschen oder die Beschreibung gefährlicher Liebschaften geht.
Nasser veröffentlichte bisher neun Gedichtsammlungen und zwei Reiseromane. Neben einem jüngst in englischer Übersetzung publizierten Lyrikband erschienen seine Gedichte in Anthologien auf Französisch, Italienisch, Spanisch und Deutsch. 2006 erhielt er den Mohammed-Al-Maghout-Preis für Dichtkunst in Syrien. Amjad Nasser lebt in London.
© internationales literaturfestival berlin
Ru’at Aluzlà
Dar Manarat
Amman, 1986
Murtaqa Alanfas
Beirut, 1997
Hayat kassard mutaqattè
Beirut, 2004
Wahid kadhi’ b Al Farazdaq
Damaskus, 2008
Shepherd of Solitude
Banipal Books
London, 2009
[Ü: Khaled Mattawa]