Amit Chaudhuri
Der indische Schriftsteller und Musiker Amit Chaudhuri wurde 1962 in Kalkutta geboren und wuchs in Mumbai auf. Am University College London studierte er Anglistik und promovierte über D. H. Lawrence in Oxford. Danach pendelte er zwischen Indien und Großbritannien, wo er in Oxford und Cambridge arbeitete und unter dem Einfluss der Werke und theoretischen Schriften von V. S. Naipaul, D. H. Lawrence und Jacques Derrida zu schreiben begann.
1991 erschien sein erster Roman »A Strange and Sublime Address« (Ü: Eine seltsame und erhabene Adresse). In seinem Debüt wie in den folgenden Romanen »Afternoon Raag« (1993; Ü: Raga des Nachmittags) und »Freedom Song« (1998; dt. »Die Melodie der Freiheit«, 2001) beschreibt er die Poesie des Alltags in seiner Heimat und den Mikrokosmos einer prototypischen, bürgerlichen indischen Familie in der Großstadt und macht dabei das Unvertraute im Vertrauten sichtbar. Im Vordergrund stehen weniger Ereignisse als vielmehr Beschreibungen von Beobachtungen und Empfindungen seiner Protagonisten und die Bedeutung der Objekte um sie herum. In »The Immortals« (2009; dt. »Mrs Sengupta will hoch hinaus«, 2011) erzählt Chaudhuri aus dem Leben einer gutbürgerlichen Kleinfamilie aus Bengalen. Neben dem Verhältnis zwischen Indien und Europa sowie der gesellschaftlichen Realität in Mumbai steht hier die Musik im Mittelpunkt: Die Protagonistin strebt eine Gesangskarriere an. Die klassische indische Musik spielt oft eine wichtige Rolle in Chaudhuris Texten, der als Musiker bereits zwei CDs veröffentlicht hat und nach den Gemeinsamkeiten von traditioneller nordindischer Musik sowie der Musik des Westens, Rock und Jazz, sucht. Bei zahlreichen internationalen Auftritten arbeitete er mit Musikern aus beiden Traditionen zusammen. Sein Roman »Odysseus Abroad« (2015) ist eng an die »Odyssee« und Joyce’ »Ulysses« angelehnt und spielt an einem Julitag 1985 in London. Sein jüngster Roman »Friend of My Youth« (Ü: Jugendfreund) spielt in Mumbai, erzählt von einem Autor namens Amit Chaudhuri auf der Suche nach seinem Schulfreund Ramu, einem ehemaligen Drogenabhängigen, und stellt so die Grenze zwischen Schreiben und Leben infrage.
Für seine literarischen Texte, die mit den Werken von Marcel Proust oder James Joyce verglichen wurden, erhielt er u. a. den Commonwealth Writers’ Prize für das beste Erstlingswerk (1992), den Los Angeles Times Book Prize (2000), den Sahitya Akademi Award (2002) und The Infosys Prize im Bereich Humanität für außerordentliche literarische Verdienste (2013). Er schreibt als Kritiker für verschiedene englischsprachige Kulturzeitschriften und gilt als wichtiger Vermittler der indischen Moderne. 2002 war Chaudhuri Gastprofessor an der Columbia University, 2005 an der Freien Universität Berlin. Heute ist Chaudhuri, Fellow of the Royal Society of Literature, Professor für zeitgenössische Literatur an der University of East Anglia und lebt in Kalkutta.
Heinemann
London, 1991
Die Melodie der Freiheit
Drei Romane
Blessing
München, 2001
[Ü: Gisela Stege]
Mrs Sengupta will hoch hinaus
Blessing
München, 2011
[Ü: Barbara Heller]
Odysseus Abroad
Knopf
New York, 2015
Friend of My Youth
Faber & Faber
London, 2017
Penguin Random House India
Gurugram, 2017