
Amanda Lee Koe
Amanda Lee Koe wurde 1987 in Singapur geboren, wo sie auch aufwuchs. 2013 erschien ihre Kurzgeschichtensammlung »Ministry of Moral Panic« (dt. »Ministerium für öffentliche Erregung«, 2016). Vor dem Hintergrund der sprachlichen, kulturellen und nationalen Vielfalt des südostasiatischen Inselstaats Singapur, der im Schatten des US-amerikanischen Kolonialismus und Neokolonialismus steht, erzählt Amanda Lee Koe in 16 Storys über gescheiterte Liebe. Oft sind es soziale oder ethnische Gründe, aus denen die Protagonisten mit ihrer Liebe fehlgehen. Amanda Lee Koes Figuren sind einsame, entwurzelte Menschen, und sie erforscht vor allem deren Innenleben. In der Erzählung »Flamingo Valley« beispielsweise will ein malaiischer Musiker eine Chinesin heiraten, wird aber von ihren Eltern wegen seiner ethnischen Herkunft und seiner Mittellosigkeit abgelehnt. Als er sie viele Jahre später in einer Klinik wiedertrifft, erkennt sie ihn wegen ihrer Alzheimer-Erkrankung nicht mehr, dennoch kann er, im Gegensatz zu ihren Verwandten, etwas in ihr anrühren. In einer anderen Erzählung entscheidet sich ein Mann, der ein Verhältnis mit dem indonesischen Dienstmädchen hat, nachdem die Affäre aufgeflogen ist, für seine weiße Ehefrau. Das Dienstmädchen wird zu ihrem eigenen Erstaunen entlassen und nach Hause zurückgeschickt. In der drastischeren Erzählung »Karussell & Kastell« geht es um einen Künstler, der die Vergeblichkeit menschlicher Gefühle dadurch darstellt, dass er zwei Pferdehälften mittels eines Mechanismus durch den Ausstellungsraum schleifen lässt, wodurch sie sich langsam auflösen, statt einander zu erreichen. Die Geschichten sind mit großer Empathie, in einem lakonischen und gleichzeitig melancholischen Ton geschrieben. Weitere Texte von Amanda Lee Koe erschienen auch in Zeitschriften in Hongkong, den USA und Deutschland.
Amanda Lee Koes Debüt erhielt den Singapore Literature Prize for English Fiction 2014, den Singapore Book Award for Best Fiction 2016, stand auf der Longlist für den Frank O’Connor International Short Story Award 2014, war für den Internationalen Literaturpreis des HWK nominiert und wurde unter die zehn besten englischen Bücher Singapurs der letzten fünfzig Jahre gewählt. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet sie als Redakteurin bei »Esquire« (Singapur) sowie für die dortige Filmzeitschrift »Cinematheque Quarterly«. Sie gründete ein Mentoring-Programm für junge Schriftsteller in Singapur und war selbst als Sachbuch-Mentorin tätig. Außerdem war sie Kuratorin für interdisziplinäre Ausstellungen sowie Co-Autorin und Co-Regisseurin für den experimentellen Dokumentarfilm »Post-Love«, der für den Singapore Short Film Award 2012 nominiert wurde. Sie lebt in New York und schreibt derzeit an ihrem ersten Roman.
Storys
CulturBooks
Hamburg, 2016
[Ü: Zoë Beck]