Alfredo Bryce Echenique
Alfredo Bryce Echenique wurde 1939 als Sohn einer wohlhabenden englisch-peruanischen Familie in Lima geboren. Er graduierte zunächst in Jura – schnell setzte sich jedoch sein literarisches Interesse durch, und er schloss wenig später ein parallel begonnenes Studium der Literaturwissenschaft mit einer Arbeit über Ernest Hemingway ab. Von der französischen Regierung erhielt er ein Jahr später ein Stipendium, das ihn, wie viele andere lateinamerikanische Autoren der »Boom«-Generation, nach Paris führte. An der Sorbonne studierte er Klassische und Moderne Französische Literatur und lehrte anschließend an verschiedenen französischen Schulen und Universitäten. Erst 1999 kehrte er in seine Heimatstadt Lima zurück.
Nach dem 1968 erschienenen Erzählband »Huerto cerrado« (Ü: Geschlossener Garten), veröffentlichte er 1970 seinen ersten Roman, »Un mundo para Julius« (1970; dt. »Eine Welt für Julius«, 2002), ein überwältigender Erfolg, der heute zu den Klassikern der lateinamerikanischen Literatur zählt und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Er erzählt die Geschichte eines Jungen, der als jüngstes von vier Kindern einer reichen peruanischen Familie der Oberschicht aufwächst. Trotz seiner sozialen Herkunft fühlt sich Julius den Bediensteten, zwischen denen er aufwächst, eng verbunden, was immer wieder zu Konflikten mit seiner Familie führt. Mit beißender Ironie entlarvt Bryce Echeniques Schilderung aus der Sicht des Kindes die sozialen Abgründe der peruanischen Gesellschaft.
»Un mundo para Julius« markierte für den Autor den Beginn einer äußerst produktiven literarischen Karriere, während der er bis heute fast zwanzig Romane und Erzählbände veröffentlichte. »Ich bin ein Autor der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.« Trotz dieses Bekenntnisses und seiner räumlichen wie zeitlichen Nähe zu anderen Autoren der lateinamerikanischen »Boom-Generation« wahrt Bryce Echenique einen bewussten Abstand zu seinen Kollegen. Dass sein Stil, wie eine Kritikerin einmal bemerkte, eher einem ironischen als einem magischen Realismus entspricht, zeigt sich auch in dem 1999 erschienenen Roman »La amigdalitis de Tarzán« (dt. »Küss mich, du Idiot«, 2000). Zumeist in Briefform erzählt der Roman von der verhinderten Liebesbeziehung zwischen einem armen peruanischen Dichter und der Tochter einer einflussreichen salvadorianischen Familie.
»Ein Frosch in der Wüste« (2003; OT: »Un sapo en el desierto«) ist die letzte ins Deutsche übersetze Arbeit Bryce Echeniques. Die Erzählung verbindet Sozialkritik und Humor. Sie spielt in einer texanischen Bar, in der ein Dozent drei Kollegen aus seiner Jugend in Peru und von seinen damaligen amerikanischen Arbeitgebern erzählt. Der neue Roman des Autors, »Las obras infames de Pancho Marambio« (2007; Ü: Die ehrlosen Werke des Pancho Marambio), ist dem deutschsprachigen Leser bislang nicht zugänglich.
Bryce Echenique erhielt zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt den italienischen Premio Grinzane Cavour und den Premio Planeta. Er lebt in Lima.
© internationales literaturfestival berlin
Küss mich, du Idiot
Suhrkamp
Frankfurt/Main, 2000
[Ü: Matthias Strobel]
Eine Welt für Julius
Suhrkamp
Frankfurt/Main, 2002
[Ü: Matthias Strobel]
Crónicas Perdidas
Anagrama
Barcelona, 2002
El huerto de mi amada
Planeta
Barcelona, 2002
Ein Frosch in der Wüste
Suhrkamp
Frankfurt/Main, 2003
[Ü: Elke Wehr]
Doce cartas a dos amigos
Peisa
Lima, 2003
Entrevistas escogidas
Fondo Editorial Cultura Peruana
Lima, 2004
Entre la soledad y el amor
Peisa
Lima, 2005
Las obras infames de Pancho Marambio
Planeta
Barcelona, 2007
Übersetzer: Matthias Strobel, Elke Wehr