Alberto Mussa
- Brasilien
- Zu Gast beim ilb: 2004
Alberto Mussa wurde 1961 in Rio de Janeiro, Brasilien, geboren. Ein Studium der Mathematik gab er bereits nach kurzer Zeit zugunsten eines Literatur- und Sprachenstudiums an der Universität Rio de Janeiro auf. Neben Tupi, der Sprache der brasilianischen Ureinwohner, studierte er verschiedene afrikanische Sprachen, darunter Yoruba, die Sprache der afro-brasilianischen Religionsgemeinschaften, sowie Arabisch. 1991 schloss er sein Studium mit einer Arbeit über die Geschichte des mündlichen Portugiesisch der Sklaven ab. Anschließend arbeitete er zunächst als Lehrer für die Oberstufe und als Lexikograph. Nicht zuletzt wegen seiner familiären Wurzeln (die Familie väterlicherseits stammt aus dem Libanon und aus Palästina) hat er ein besonderes Interesse an der arabischen Literatur. Er übersetzte mehrere Kurzgeschichten afrikanischer und arabischer Autoren ins Portugiesische sowie die vor-islamische Anthologie „Muallaquat“, eine Zusammenstellung von sieben Oden der größten arabischen Dichter des 6. und frühen 7. Jahrhunderts. Mussa war auch als Dozent für prä-islamische Lyrik an der Universität in Rio de Janeiro tätig.
1997 veröffentlichte er seinen ersten Erzählband „Elegbara“, mit dessen Titel er auf die Yoruba-Gottheit, den trickreichen Götterboten Eshu-Elegbara, verweist. In den Protagonisten der zehn Kurzgeschichten, die sich direkt oder indirekt auf die Kolonialgeschichte Brasiliens beziehen, spiegeln sich Elegbaras Eigenschaften als extreme Grausamkeit oder tiefe Weisheit. Auch in seinem ersten Roman „O trono da rainha Jinga“ (1999; Ü: Königin Jingas Thron) geht es um die koloniale Vergangenheit. Im Rio de Janeiro des 17. Jahrhunderts begeht ein Geheimbund von Schwarzen, der die Befreiung der Sklaven anstrebt, grausame Morde an den weißen Kolonialherren und Vertretern der katholischen Kirche. Über die Wege des Sklavenhandels besteht zugleich eine mysteriöse Verbindung zur nordangolanischen Mbundu-Königin Jinga. Die Geschichte entfaltet sich durch die Perspektivwechsel der Protagonisten. Alberto Mussa entwirft ein Panorama jener Gesellschaft, auf der sich der Staat Brasilien gründet. Für „O trono da rainha Jinga“, den ersten von fünf geplanten Teilen über die Geschichte Rio de Janeiros von der Gründung bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, wurde Alberto Mussa mit dem Premio Biblioteca Nacional ausgezeichnet. Mit seinem jüngsten Roman „O enigma de Qaf“ (2004; Ü: Das Qaf-Rätsel) erfand Alberto Mussa unter Verwendung von zahlreichen philosophischen, mythologischen und literarischen Verweisen eine zweite Entstehungsgeschichte der arabischen Zivilisation und Sprache, in deren Mittelpunkt der fiktive Dichter al-Gatash steht, Verfasser der achten Ode des Muallaquat. Alberto Mussa lebt in Rio de Janeiro.
© internationales literaturfestival berlin
Elegbara: narrativas
Revan
Rio de Janeiro, 1997
O trono da rainha Jinga
Nova Fronteira
Rio de Janeiro, 1999
O enigma de Qaf
Record
Rio de Janeiro, 2004
Übersetzerin: Marianne Gareis