Alban Nikolai Herbst
- Deutschland
- Zu Gast beim ilb: 2009, 2014, 2018
Alban Nikolai Herbst wurde 1955 in Refrath geboren. Nach einer Lehre zum Rechtsanwalts- und Notargehilfen studierte er in Frankfurt am Main Philosophie, Geschichte und Sozialwissenschaften.
Sein Prosadebüt gab Herbst 1981 mit der Prosasammlung »Marlboro«. Ab Ende der achtziger Jahre war er Aktien- und Devisenbroker und gab die literarische Zeitschrift »Dschungelblätter« heraus. Seit Erscheinen seines Romans »Wolpertinger oder Das Blau« (1993) lebt er wieder als freier Schriftsteller. Der teils der Phantastik zugehörende, tausendseitige Text spielt im Westdeutschland vor 1989 auf drei Zeitebenen und hat drei Epiloge je unterschiedlichen Ausgangs. Das die Postmoderne ironisierende Werk wurde als »monströser literarischer Diskurs über die Wirklichkeit der Fantasie und die Fantasie der Wirklichkeit« (»KLG«) beschrieben. Mit »Thetis. Anderswelt« erschien 1998 der erste Teil der »Anderswelt«-Romantrilogie. 2001 folgte »Buenos Aires. Anderswelt« und 2013 »Argo. Anderswelt«. Die Trilogie experimentiert an einer dem digitalen Zeitalter Rechnung tragenden ästhetischen Neuorientierung. Herkömmliche, ordnende Strukturelemente werden verworfen, das Verhältnis zwischen erzählendem Subjekt und Objekt hinterfragt. Umgangs- und Hochsprache vermischen sich mit Fachbegriffen und Neologismen. In theoretischen Texten, veröffentlicht in Literaturzeitschriften wie »Schreibheft« und »die horen«, sowie in seinen »Heidelberger Vorlesungen« (2008) erläutert Herbst den von ihm konzipierten Erzählbegriff: »Der kybernetische Realismus ist ein Erzählen in freier Tonalität, das Dokumentation (etwa Autobiografie) mit Fiktionalem verbindet, dies jedoch auf eine Weise, dass mehrere Möglichkeitsräume gleichberechtigt […] nebeneinanderstehen.« Herbsts Künstlerroman »Meere« von 2003, »eine Beschreibung des an seiner Männlichkeit irre werdenden Mannes« (»Berliner Zeitung«), wurde im selben Jahr aufgrund einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten verboten, 2016 aber wieder freigegeben. Als bislang letzter Roman ist 2015 »Traumschiff« erschienen, dessen Thema »in aller Stille durchaus gigantomanisch« (Insa Wilke) sei: »wie wir sterben wollen«. Neben seinen Prosaarbeiten hat Herbst sechs Lyrikbände vorgelegt, deren wichtigste »Das bleibende Thier. Bamberger Elegien« (2011) und die fantastische Stromboli-Erzählung »Aeolia.Gesang« (2008, neu als Wiener Fassung, 2018) sind.
Herbst wurde mit dem Grimmelshausenpreis, dem Aufenthaltsstipendien der Villa Massimo Rom (1998) und einem Jahresaufenthalt in der Villa Concordia Bamberg (2006) sowie mit dem Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar ausgezeichnet und war Writer in Residence der Keiō-Universität Tokio (2000). Seit 2004 führt er den Literaturblog »Dschungel. Anderswelt«, schreibt zudem Hörstücke für den Rundfunk sowie Opern- und Musikkritiken. Seit 1994 lebt und arbeitet Herbst in Berlin.
Wolpertinger oder Das Blau
Dielmann
Frankfurt a. M., 1993
Thetis. Anderswelt
Rowohlt
Reinbek b. Hamburg, 1998
Meere
mare
Hamburg, 2003, 2017
Dielmann
Frankfurt a. M., 2007
Argo. Anderswelt
Elfenbein
Berlin, 2013
Traumschiff
mare
Hamburg, 2015
James Joyce
Chamber Music / Kammermusik, Nachdichtungen
Mit Helmut Schulze
Arco Verlag 2017
Aeolia.Gesang
Versdichtung
Arco Verlag 2018
Das Ungeheuer Muse
Gedichte
Arco Verlag 2018