Abdel Moneim Ramadan
- Ägypten
- Zu Gast beim ilb: 2007
Der Lyriker Abdel Moneim Ramadan wurde 1951 in Kairo geboren. Er gehört einer Schriftstellergeneration an, die vom Surrealismus geprägt wurde und sich gegen die vorherrschende, konsensualistische Tendenz der arabischen Literatur richtete. Nachdem er 1972 seine ersten Gedichte in Zeitungen veröffentlicht hatte, erschien seine Gedichtsammlung »Al-Hulm Zil Al-Waqt, Al-Hulm Zil Al-Makan« (1981; Ü: Der Traum ist der Schatten der Zeit, der Traum ist der Schatten des Raums) im Underground-Literaturmagazin »Aswat« (Stimmen). Seitdem legte er vier kontrovers diskutierte Gedichtbände vor: »Qabl Al-Ma’, Qabl Al-Hafah« (1994; Ü: Vor der Grenze des Wassers), »Limaza Ayuha Al-Madi Tanam fi Hadiqati« (1995; Ü: Warum liegt die Vergangenheit in meinem Garten?), »Ba’idan ’an Al-Ka’inat« (2000; Ü: Von den Wesen fort) und »Ghariyb ’Ala Al-’Aa ’ila« (2000; Ü: Fremde in der Familie).
Die Gedichte verbinden Gegensätze, ohne sie zu vereinheitlichen. Insbesondere Körperlichkeit und Religion, aber auch Vernunft und Intuition, das Selbst und der Andere, die Vergangenheit und die Gegenwart, hohe und niedere Kultur werden in monologischen, freien Versen in eine Vielfalt von Beziehungen gesetzt. Das Gedicht »Anrufung« aktualisiert beispielhaft die Verbindung von Sakralem und Profanem im Hohelied Salomons.
Ramadan benutzt ebenso das klassische Arabisch wie die ägyptische Umgangssprache. Mit der montageartigen Nebeneinanderstellung von Bildern, Evokationen, Wiederholungen und Anklängen an klassische Werke der Literatur ebenso wie an religiöse Texte und Volksmärchen entzieht er das Gedicht seiner ideologischen Vereinnahmung. In einem Interview mit »al-Ahrdm hebdo« erklärte er: »Der Dichter, so denke ich, sieht nicht besser als die anderen. Ihm obliegt nicht das Recht, in ihrem Namen zu sprechen, von ihrer Vergangenheit und Zukunft. Die einzige Kenntnis, die allein der Dichter hat, ist die Kenntnis seines Körpers. Das nur ist ein Besitz, den niemand mit ihm teilen kann. Die einzige Möglichkeit, mit dem Anderen zu kommunizieren, ist zu vermitteln, was völlig verschieden vom Anderen ist, nämlich der eigene Körper. Im Namen seines Volkes zu sprechen, von den Leiden oder Freuden seiner Nation ist nicht mehr die Aufgabe des Dichters. Der Dichter ist ein Individuum und nicht eine Gruppe, und sein Text ist dazu da, seine Leser zu spalten, nicht sie zu versammeln.«
Ramadan wurde 2003 in die Anthologie »Méditerranée ombrageuse voyage« (Ü: Das Mittelmeer, die kopfscheue Reise) aufgenommen. 2005 berichtete ein ägyptisches Verlagshaus, das auf die Zensurtätigkeit des Staates mit der Veröffentlichung von E-books im Internet reagiert, Ramadan habe die Zustimmung zur digitalen Publikation seiner Gedichte gegeben. Der Autor lebt in seiner Geburtsstadt Kairo.
© internationales literaturfestival berlin
Ba’idan ‚an Al-Ka’inat
Al-Mada Press
Damascus, 2000
Ghariyb ‚Ala Al-‚Aa’ila
Tobqal Press
Casablanca, 2000
Übersetzer: Kahlid Al-Maaly, Heribert Becker