Viola Roggenkamp
Viola Roggenkamp wurde 1948 in Hamburg geboren und ist deutsche Jüdin. Sie studierte Psychologie, Philosophie und Musik, unternahm über mehrere Jahre ausgedehnte Reisen durch Asien und lebte eine Zeit lang in Indien sowie bis 1991 zwei Jahre in Israel. 1976 wurde sie freie Autorin der Wochenzeitung »Die Zeit«, für die sie über 25 Jahre regelmäßig schrieb. 1977 gehörte sie zum Gründungsteam der feministischen Zeitschrift »Emma«, für die sie bis 1990 als freie Reporterin tätig war. Fünf Jahre war sie bis 2004 Kolumnistin der Berliner »tageszeitung«.1996 erschien mit dem Interviewband »Von mir soll sie das haben?« Viola Roggenkamps erste Buchveröffentlichung. Sie sprach mit sieben Müttern über deren lesbische Töchter. Es ging um einmalige Begegnungen für jeweils einen Tag. Schon in diesem Buch entwickelte Roggenkamp eine spezifische Form des literarischen Journalismus, indem sie die Aussagen ihrer Gesprächspartnerinnen in eine Art authentische Rollenprosa verwandelt. Diese Technik variierte sie in dem Buch »Tu mir eine Liebe. Meine Mamme« (2002), 26 Gesprächen mit jüdischen Nachgeborenen in Deutschland über ihre Mütter, Porträts, die zunächst in der »Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung« erschienen, oder in »Frau ohne Kind. Gespräche und Geschichten. Eine Tafelrunde« (2004). Darin lädt die selbst kinderlose Autorin zwölf Freundinnen zu einem mehrgängigen Menü (inklusive Rezeptangaben) zu sich nach Hause ein. Gegliedert in zehn Tischgespräche, erzählen die Gäste, von der Bankkauffrau über die Opernsängerin bis zur Politikerin und Richterin, warum sie kinderlos sind. So entsteht nicht zuletzt ein bundesdeutsches Soziogramm. 2005 löste Viola Roggenkamp in der Thomas-Mann-Gemeinde kontroverse Reaktionen aus mit ihrem biografischen Essay »Erika Mann. Eine jüdische Tochter. Über Erlesenes und Verleugnetes in der Frauengenealogie der Familie Mann-Pringsheim«. Dazu schrieb die Literaturwissenschaftlerin Ruth Klüger in der »Literarischen Welt«: »Die Autorin hat mit ihren Überlegungen zum deutsch-jüdischen Verhältnis in der kulturellen Elite mit nicht geringem Mut in ein Wespennest gestochen.« Die Frage nach der eigenen Herkunft und Prägung grundiert ebenso Roggenkamps erfolgreiches belletristisches Schaffen. Der 2004 erschienene Roman »Familienleben« wurde zum Bestseller. Darin schildert die 13-jährige Fania im Hamburg von 1967 den Alltag ihrer jüdisch-deutschen Familie mit all seinen Besonderheiten. Der Beziehung der Holocaust-Überlebenden und Nachgeborenen ist die Autorin thematisch treu geblieben, wovon Romane wie »Die Frau im Turm« (2009) oder »Tochter und Vater« (2011) zeugen. In einem Interview zu diesem Roman sagte sie: »Wir alle haben es, ob wir wollen oder nicht, mit dem Vorleben unserer Eltern zu tun. Doch wonach will die Tochter, der Sohn fragen? Man fürchtet sich vor Zurückweisung, und man fürchtet sich davor, womöglich alles zu erfahren.«Viola Roggenkamp lebt in Hamburg.
Familienleben
Arche Zürich/Hamburg, 2004
Erika Mann – Eine jüdische Tochter
Über Erlesenes und Verleugnetes in der Frauengenealogie der Familie Mann-Pringsheim
Arche Zürich/Hamburg, 2005
Die Frau im Turm
S. Fischer Frankfurt a. M., 2009
Tochter und Vater
S. Fischer Frankfurt a. M., 2011