Taleb Al-Refai
- Kuwait
- Zu Gast beim ilb: 2009
Taleb Al-Refai wurde 1958 in Kuwait geboren. Er studierte Ingenieurwissenschaften an der Universität seiner Heimatstadt. Bereits während seiner Studentenzeit Mitte der 1970er Jahre veröffentlichte er erste Kurzgeschichten in kuwaitischen Tageszeitungen. Später erschienen literaturkritische Essays, Kolumnen und Kurzgeschichten in zahlenreichen arabischen Zeitungen und Zeitschriften. Bis Mitte der 1990er Jahre arbeitete Al-Refai hauptberuflich als Ingenieur und wechselte dann zum Nationalen Rat für Kultur, Kunst und Literatur.
Taleb Al-Refai veröffentlichte sechs Kurzgeschichtensammlungen, drei Romane und ein Theaterstück. Einem breiteren arabischen Publikum wurde er mit seinem sozialkritischem Roman »Zill asch-schams« (Kairo 1998; Ü: Der Schatten der Sonne) bekannt. Darin setzt er sich mit einem Thema auseinander, das eher selten in der arabischen Prosa vorkommt – dem Schicksal der Gastarbeiter. Hilmi, ein ägyptischer Lehrer, entflieht wie Tausende seiner Landsleute der Armut in seiner Heimat und folgt dem Traum vom großen Geld in den reichen Golfländern. Schnell erlebt er die bittere Realität in Kuwait: Sein Lohn reicht kaum für den Lebensunterhalt, für die Unterstützung seiner Familie in Ägypten und um seine Schulden für die Reise ins Gelobte Land zu begleichen. Die Angst, vor seiner Frau und seinen Eltern als Versager dazustehen, macht ihm die Rückkehr unmöglich. Hilmi schlägt sich mit Nachhilfeunterricht durch und verliebt sich in eine seiner Schülerinnen, eine junge Kuwaiterin aus reichem Hause. Das Verhältnis fliegt auf und der ägyptische Lehrer wird wegen angeblicher Vergewaltigung zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Taleb Al-Refai bleibt auch in seinen folgenden Romanen der Kritik an der kuwaitischen Gesellschaft treu. In »Ra’ihat al-bahr« (Damaskus 2002; Ü: Geruch des Meeres), für das er den kuwaitischen Staatspreis für Literatur bekam, widmet er sich mehreren heiklen Themen: dem sexuellen Missbrauch in der Familie, der Unterdrückung der Frau und außerehelichen Beziehungen. Im Mittelpunkt stehen Hamad und Sarah, die sich an der Universität kennenlernen und verlieben. Eine Geschichte aus der Vergangenheit belastet diese Beziehung und wird von der Elterngeneration auf die Kinder übertragen. Am Ende kulminiert der Roman in einem Gewaltausbruch: Das Leid scheint sich fortzusetzen. Der Kritiker Rasim Al-Madhun schreibt in der überregionalen arabischen Tageszeitung »ash-Sharq al-Awsat« über »Geruch des Meeres«: »Taleb Al-Refai gelingt es, die Masken vom Gesicht der arabischen Gesellschaft zu reißen und die Tragik aufzuzeigen, die das Schicksal der jungen Generation bestimmt.«
Taleb Al-Refai lebt in Kuwait.
© internationales literaturfestival berlin
Mirat al-ghabash
Dar al-Mada,
Damaskus, 1997
Zill asch-schams
Dar Sharqiyat
Kairo, 1998
Hakaya ramliya
Dar al-Mada,
Damaskus, 1999
Ra’ihat al-bahr
Dar al-Mada
Damaskus, 2002