Sonya Hartnett
- Australien
- Zu Gast beim ilb: 2002
Sonya Hartnett wurde 1968 in Melbourne/Australien geboren, wo sie auch heute lebt. Die Medienwissenschaftlerin veröffentlichte ihren ersten Roman „Trouble All The Way“ (1984; Ü: Ärger auf der ganzen Linie) im Alter von 15 Jahren und hat seither nahezu 20 vielfach ausgezeichnete Romane vorgelegt. Für ihren Jugendroman „Wilful Blue“ (1994; Ü: Eigensinniges Blau) erhielt sie 1992 ein Stipendium des „Literature Board of the Australia Council” und 1996 den „IBBY Ena Noel Award”. Ihr Jugendroman „Sleeping Dogs“ (2000; dt. „Schlafende Hunde”, 1998), das beklemmende Psychogramm einer gestörten, nur auf sich bezogenen Farmerfamilie zwischen drückender Hitze, Tiergestank und harter Arbeit, wurde ihr literarischer Durchbruch. Für diesen Roman erhielt sie 1996 den „Victorian Premier’s Literary Award Sheaffer Pen Prize” sowie den „Miles Franklin Inaugural Kathleen Mitchell Award” und wurde 1999 für den „Deutschen Jugendliteraturpreis” nominiert.
Nach ihrem Roman „Thursday’s Child“ (2000; Ü: Das Donnerstagskind), der mit den großen Romanen Steinbecks und Faulkners verglichen und mit dem Aurealis Award (2000) sowie dem Guardian Children`s Literary Prize (2002) ausgezeichnet wurde, legte Hartnett mit „Of a Boy“ (2002; Ü: Von einem Jungen) ihren zweiten Roman für Erwachsene vor, der mit dem Commonwealth Writers Prize 2003 prämiert wurde.
Sonya Hartnett gilt als eine der wichtigsten Protagonistinnen der jungen Generation von Jugendbuchautorinnen. Kennzeichnend ist ihre Darstellung ungeschönter Realität, die sie mit Elementen der „Gothic Novel“ und des „magischen Realismus“ verbindet. Ihr Schreiben ist beeinflußt von Ivan Southall, Robert Cormier und den großen russischen Erzählern.
Während es in „Stripes of the Sidestep Wolf“ (1999) der sagenumwobene Tasmanische Tiger ist, der die beiden Heldinnen Satchel und Chelsea in Atem hält, sind es in „Forest“ (2001) die Tiere selber, aus deren Blickwinkel Hartnett ihre Geschichte entwickelt. Kraftvoll und poetisch, mehr Ballade als Prosadichtung, steht diese Erzählung in der Tradition von „Watership Down“ und „Animal Farm“. Mit großer Empathie und dem präzisen Auge eines Artisten beschreibt Hartnett in eleganter, poetischer Bildsprache die Odyssee dreier Hauskatzen Kian, Jem und Cally, die sich nach dem Tod ihrer Herrin, in der unwirtlichen Natur des Waldes wiederfinden.
Sonya Hartnetts Bücher sind provozierend und kontrovers. Ohne falsche Rücksicht auf gesellschaftliche Tabus wirft sie einen klaren Blick auf Themen wie Familienzerrüttung, Aggressionen, Selbstmord, Inzest, Besessenheit und Einsamkeit. Nur selten werden die Geschichten, die sie erzählt, harmonisch aufgelöst. In ihrem preisgekrönten Jugendroman „Sleeping Dogs“ schildert sie die quälende Atmosphäre auf der heruntergekommenen Farm der Familie Willow, auf der der gewalttätige Vater ein hasserfülltes, autoritäres Regiment führt. Nur die Liebe zu seiner Schwester Michelle lassen Jordan, das schwarze Schaf der Familie, an den brutalen Schlägen des Vaters nicht verzweifeln, bis ein Fremder die morbide Lebenswelt der Willows aus dem Gleichgewicht bringt. Der Schluss dieses Jugendromans lässt den Leser bestürzt, geradezu hilflos zurück. Die Autorin traut sich, was viele andere nicht wagen: die Dinge stehen zu lassen ohne Wertung, versöhnlichen Ausgang oder moralische Botschaft. Auch damit gesteht sie ihren jungen Lesern Wahrnehmungskraft, Reife und Urteilsvermögen zu.
Der 2005 in Deutschland erschienene Jugendroman „Prinzen“ (engl. „Princes“, 1998) erzählt die verstörende Geschichte der scheinbar friedvoll zusammenlebenden Zwillingsbrüder Indigo und Ravel, die seit dem rätselhaften Verschwinden ihrer Eltern allein in einem nahezu zerstörten Haus außerhalb der Gesellschaft leben. Der Erstgeborene, der scheinbar lebensfähigere Indigo, ist vollständig seinen Obsessionen ausgeliefert und versucht, seinen zurückgezogen lebenden Bruder mit Rattengift zu töten. Das bislang bedingungslose Vertrauen ist nach diesem versuchten Mord zerstört und lässt Ravel bald eine fürchterliche Entdeckung machen. Die Idee von der gespaltenen Persönlichkeit wird von Hartnett auf die Spitze getrieben – erneut lässt sie ihre jungen Leser in den Abgrund der menschlichen Seele blicken.
Zu ihren letzten Publikationen zählen das Kinderbuch „The Silver Donkey“ (2004; Ü: Der Silberesel), sowie der Jugendroman „Surrender“ (2005; Ü: Aufgeben), der den Victorian Premier`s Literary Award 2005 und den Ehrenpreis des Michael L. Printz Awards erhielt sowie für den Dublin Literary Award 2007 nominiert wurde. Im Jahr 2007 erschien ihr erotischer Roman „Geheimes Verlangen“ (engl. „Landscape With Animals“, 2006), den sie unter dem Pseudonym Cameron S. Redfern veröffentlichte. Als einer der „wichtigsten Erneuerern des modernen Jugendromans“ wurde Hartnett 2008 mit dem renommierten Astrid-Lindgren-Preis für Kinder- und Jugendbücher ausgezeichnet.
© internationales literaturfestival berlin
The glass house
Pan
Sydney, 1990
Wilful Blue
Penguin Books Australia
Ringwood, 1994
Black Foxes
Viking Penguin Books Australia
Ringwood, 1996
All my Dangerous Friends
Viking Penguin Books Australia
Ringwood , 1998
Schlafende Hunde
Arena
Würzburg, 1998
[Ü: Petra Koob-Pawis]
Stripes of the Sidestep Wolf
Penguin Books Australia
Ringwood, 1999
Teuflische Stimmen
Arena
Würzburg, 1999
[Ü: Anne Brauner]
Thursday´s Child
Walker Books
Sydney, 2000
Forest
Penguin Books Australia
Camberwell, 2001
Of a Boy
Penguin Books Australia
Camberwell, 2003
The Silver Donkey
Viking Penguin Books Australia
Ringwood , 2004
[Ill. Laura Carlin]
Surrender
Walker Books
London, 2005
Prinzen
Patmos und Sauerländer
Düsseldorf, 2005
[Ü: Petra Koob-Pawis]
The ghost’s child
Penguin Books
Camberwell, 2007
Geheimes Verlangen
[als Cameron S. Redfern]
Goldmann
München, 2007
[Ü: Christoph Martin]
Übersetzer: Anne Brauner, Petra Koob-Pawis, Christoph Martin