Sinan Antoon
Sinan Antoon, Dichter, Romanautor und Übersetzer, wurde 1967 in Bagdad als Sohn eines Irakers und einer Amerikanerin geboren. Er studierte englische Literatur an der Universität der irakischen Hauptstadt. Nach dem Golfkrieg 1991 siedelte er in die Vereinigten Staaten über, wo er sein Studium in Georgetown und an der Harvard University fortsetzte. Hier promovierte er 2006 in arabischer Literatur mit einer Arbeit über den Dichter Ibn al-Hajjaj. Gedichte und Artikel Antoons erschienen sowohl auf Arabisch als auch auf Englisch in verschiedenen Zeitschriften und Publikationen in der arabischen Welt, darunter »as-Safir«, »an-Nahar«, »Masharef« sowie »The Nation«, »al-Ahram Weekly«, »Banipal« und »World Literature Today«.
Eine Auswahl seiner Gedichte wurde 2007 vom Arabischen ins Englische übersetzt und erschien unter dem Titel »The Baghdad Blues«.
Sein Debütroman »l’jaam« (Beirut 2003) wurde in mehrere Sprachen übersetzt und erschien 2009 unter dem Titel »Irakische Rhapsodie« auch auf Deutsch. Er beschreibt den Alltag eines irakischen Studenten und seine Versuche, im Irak Saddam Husseins zwischen Liebe, Angst, permanenter Überwachung und Wunschträumen am Leben zu bleiben. Der Roman zeichnet sich durch einen raschen Wechsel zwischen verschiedenen Zeit- und Realitätsebenen, zwischen Gefangenschaft und Freiheit, Gegenwart, Traum und Vergangenheit aus und ist durch die geschickte Mischung alltäglicher Umgangssprache und ausgefeilter Prosa geprägt.
Die Wunden der irakischen Geschichte stehen auch im Mittelpunkt des Dokumentarfilms »About Baghdad« (2004) bei dem Antoon als Koproduzent und Koregisseur mitwirkte. Er erzählt vom Leben der Iraker in dem von US-Soldaten »befreiten« Irak. Es ist, in den Worten Antoons, »ein einfacher Film, in dem ganz normale Menschen ganz normale Fragen beantwortet haben« und der dem westlichen Publikum die schlichte, meist verborgene Alltäglichkeit des Krieges und seiner Folgen aufzeigen soll.
Antoon übersetzte zahlreiche Gedichte vom Arabischen ins Englische. Für seine Koübersetzung von Mahmud Darwischs Gedichten wurde er 2004 für den PEN Translation Prize nominiert. 2003 erhielt er ein Mellon-Forschungsstipendium und nahm eine Tätigkeit als Lehrer am Dartmouth College auf, die er bis 2005 fortsetzte. Er ist als Redakteur des Magazins »Banipal« und Mitglied des Redaktionsausschusses des »Middle East Report« tätig. Derzeit ist er Assistant Professor an der Gallatin School der New York University, Fellow am Hagop Kevorkian Center for Near Eastern Studies und Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin im Projekt »Europa im Nahen Osten. Der Nahe Osten in Europa«.
© internationales literaturfestival berlin
Irakische Rhapsodie
Lenos Verlag
Basel, 2009