Sergio Raimondi
- Argentinien
- Zu Gast beim ilb: 2013, 2018
Sergio Raimondi, 1968 in Bahía Blanca, Argentinien, geboren, ist Schriftsteller und Dozent für zeitgenössische Literatur an der Universidad Nacional del Sur. Nach seinem Studium der Literaturwissenschaft arbeitete er für das Museo del Puerto im Hafenort Ingeniero White, einem Museum, das sich der wandelnden Alltagswirklichkeit der Bewohner des Ortes widmet. Er gehörte der Dichtergruppe Mateístas an, die zwischen 1985 und 1994 ihre und andere Gedichte verbreitete, indem die Mitglieder der Gruppe die Werke in den Straßen von Bahía Blanca an die Wände malten. Seit 2011 ist er Kulturdezernent in Bahía Blanca.
Sergio Raimondi zählt zu den Erneuerern der argentinischen Lyrik. Sein 2001 erschienener Gedichtband »Poesía civil« (dt. »Zivilpoesie«, 2005) nimmt innerhalb der zeitgenössischen Lyrik des Landes eine zentrale Position ein. Im Mittelpunkt von Raimondis Gedichten stehen Bahía Blanca und der nahe gelegene Hafen von Ingeniero White, einer der Haupt-Seehäfen Argentiniens mit einem der wichtigsten petrochemischen Komplexe im Land. Kennzeichnend für Raimondis Werk ist der Dialog mit den wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Wirklichkeiten, die die Region und das Land prägen. Die Grundlage von »Poesía civil« bilden umfangreiche Recherchen; so finden Statistiken, Gesetzestexte und Verordnungen Eingang in Raimondis in langen Versen verdichtete Analyse der komplexen gesellschaftsgeschichtlichen Zusammenhänge. Seine Gedichte kreisen um Industriekomplexe, Eisenbahnunternehmen, Getreideexporte und Hafenanlagen; sein sprachliches Register ist gekennzeichnet von ökonomischen, merkantilen und technischen Begriffen. Der Gedichtband untersucht die historischen Ursprünge der gegenwärtigen Verhältnisse, die als gegeben hingenommen werden, wie etwa die Ausrichtung der lokalen Wirtschaft auf die kapitalistischen Produktionsprozesse des Weltmarktes. Doch auch mit der Literatur selbst tritt Raimondi in Dialog: John Keats wird hier ebenso Bezugspunkt wie Bertolt Brecht, und über die Literatur selbst heißt es: »Es geht darum, die Literatur eingehend, mittels nicht / von ihr geschaffener Kriterien zu prüfen; das bedeutet: / die Verse im Angesicht der Gewehrläufe zu spannen, / und sie nicht mit dem Bleistift, sondern, zum Beispiel, dem Messer, / zu bewerten.« Mit »Für ein kommentiertes Wörterbuch« liegt seit 2012 ein weiterer Band mit Gedichten von Raimondi auf Deutsch vor. Jedes Gedicht entspricht einem Wörterbucheintrag. In Kommentaren zu Begriffen wie etwa »Massengutfrachter« oder »Zündkerze« werden die komplexen weltwirtschaftlichen Zusammenhänge und Produktionsabläufe betrachtet. Das besondere Interesse des Dichters gilt dabei neben der engen Verknüpfung von Natur und Kultur den Spuren der Herstellung, den Prozessen der Fertigung, auch des literarischen Werkes selbst.
Sergio Raimondi war 2007 Fellow der Guggenheim Foundation. Er lebt in Bahía Blanca.
Vox
Bahía Blanca, 1999
Poesía civil
Vox
Bahía Blanca, 2001
17 grises
Bahía Blanca, 2010
Ediciones Liliputienses
Cáceres, 2012
Zivilpoesie / Poesía civil
Spanisch/Deutsch
Wissenschaflicher Verlag Berlin
Berlin, 2005
[Ü: Timo Berger]
Für ein kommentiertes Wörterbuch
Spanisch/Deutsch
Berenberg
Berlin, 2012
[Ü: Timo Berger]