Sebastian Barry
- Irland
- Zu Gast beim ilb: 2009, 2018
Sebastian Barry wurde 1955 in Dublin geboren. Als Sohn der Schauspielerin Joan O’Hara wuchs er in London und der irischen Hauptstadt auf, besuchte dort die Catholic University School und studierte später am Trinity College Englisch und Latein. Anschließend lebte er mehrere Jahre im europäischen Ausland, bevor er 1984 als literarischer Ehrenstipendiat einen Ruf an die University of Iowa erhielt. Ein Jahr später kehrte er in seine Heimat Irland zurück und machte sich dort einen Namen als Lyriker, Dramatiker und Romancier.
Barrys Werke verknüpfen ein umfassendes politisches und historisches Interesse mit autobiografischen Elementen: Immer wieder greift der Autor auf seine Familiengeschichte sowie auf persönliche Erfahrungen und Erinnerungen zurück, um spezifische Aspekte der irischen Geschichte auszuleuchten, die vergessen wurden oder in der offiziellen Geschichtsschreibung übergangen werden. In seinem bekanntesten Drama, »The Steward of Christendom« (1995; Ü: Der Verwalter der Christenheit), das mit mehreren Preisen ausgezeichnet und an der Brooklyn Academy of Music (BAM) aufgeführt wurde, steht mit Thomas Dunne der Urgroßvater Barrys im Mittelpunkt. Dieser musste als Leiter der britischen Dublin Metropolitan Police den Unabhängigkeitskampf Irlands erleben und erleiden. Auch rückt Barry häufig Außenseiterfiguren ins Zentrum seiner Werke: So erzählt sein erstes Theaterstück »Boss Grady’s Boys« (1988; Ü: Boss Gradys Jungs) die Geschichte zweier älterer, unverheirateter Brüder, die eine abseits gelegene Farm gemeinsam bewirtschaften. In seinem Roman »The Secret Scripture« (2008; dt. »Ein verborgenes Leben«, 2009) erzählt Barry die Geschichte einer fast hundertjährigen Dame, die seit mehreren Dekaden in einer entlegenen psychiatrischen Anstalt untergebracht ist und ihr Leben in einem Notizbuch aufzeichnet. Parallel dazu führt ihr Therapeut ebenfalls ein Notizbuch über sie, weil er sie möglicherweise aus der Klinik entlassen muss. Die beiden kunstvoll verwobenen Erzählebenen, die den Handlungsbogen bis in die Zeit kurz nach der irischen Revolution spannen, entwerfen eine alternative Geschichte Irlands, die metaphorisch in der Anstalt verwahrt wird. Barrys preisgekrönter Roman »A Long Long Way« (2005; dt. »Ein langer, langer Weg«, 2014) thematisiert die gespaltene Loyalität der Iren gegenüber Irland und England zur Zeit des Dubliner Aufstands 1916. Die Handlung seines jüngsten Romans »Days Without End« (2017; dt. »Tage ohne Ende«, 2018) spielt im Amerika der 1850er Jahre und handelt von zwei Männern, die gemeinsam im Amerikanischen Bürgerkrieg kämpfen, zu Zeugen des menschenverachtenden Umgangs mit Sioux und Yurok werden und eine homosexuelle Beziehung führen.
Barry wurden zahlreiche Preise verliehen, darunter der Costa Book of the Year Award (2008 und 2016) und der Walter Scott Prize (2012 und 2017). Sein Werk wurde in über 27 Sprachen übersetzt. Er lebt in der irischen Grafschaft Wicklow.
Boss Grady’s Boys
Raven Arts Press
Dublin, 1989
Die Zeitläufte des Eneas McNulty
S. Fischer
Frankfurt a. M., 1999
[Ü: Esther Kinsky]
Ein verborgenes Leben
Steidl
Göttingen, 2009
[Ü: Hans-Christian Oeser]
Mein fernes, fremdes Land
Steidl
Göttingen, 2012
[Ü: Hans-Christian Oeser]
Ein langer, langer Weg
Steidl
Göttingen, 2009
[Ü: Hans-Christian Oeser]
Gentleman auf Zeit
Steidl
Göttingen, 2017
[Ü: Petra Kindler u. Hans-Christian Oeser]
Tage ohne Ende
Steidl
Göttingen, 2018
[Ü: Hans-Christian Oeser]