Reinhard Kleist
Reinhard Kleist, geboren 1970 in Hürth bei Köln, lebt und arbeitet als Comiczeichner und Autor in Berlin. Während eines Grafik- und Design-Studiums an der Fachhochschule Münster schuf er seine ersten längeren Comicerzählungen. Das Album »Lovecraft«, das zusammen mit dem Autor Roland Hueve entstand, wurde 1996 auf dem Comic-Salon Erlangen mit einem Max und Moritz-Preis für die beste deutschsprachige Eigenproduktion ausgezeichnet. Während Kleists Stil anfangs noch stark von Zeichnern wie Dave McKean beeinflusst war und durch fotorealistisch anmutende, farbige Aquarellbilder mit Collage-Elementen gekennzeichnet war, entwickelte er in den folgenden Jahren einen individuelleren, expressiveren Strich. Dieser ist geprägt durch fließende Linien, eine leicht karikierende Überzeichnung von Figuren und starke Hell-Dunkel-Kontraste. Dadurch entstehen expressive, atmosphärische und meistens schwarz-weiße Bildfolgen, die stellenweise an den Graphic-Novel-Pionier Will Eisner erinnern.
Von 2003 bis 2008 erarbeitete Kleist zusammen mit dem Autor Tobias O. Meißner die Trilogie »Berlinoir«, eine dystopische Vampirgeschichte, die als politische Parabel auf die deutsche Geschichte gelesen werden kann. In den vergangenen Jahren hat sich Kleist vor allem durch Comicbiografien bekannter Persönlichkeiten auch international einen Namen gemacht, zum Beispiel durch seine mehrfach ausgezeichnete Johnny-Cash-Biografie »Cash« (2006) oder seine Graphic Novel »Castro« (2010). In beiden Arbeiten verbindet Kleist zentrale Elemente aus realen Lebensgeschichten mit fiktiven Passagen. Er recherchiert jedes Detail akribisch, erlaubt sich aber auch künstlerische Freiheiten, wenn es der Erzählung dient. Sein Buch »Der Boxer« (2011) beruht auf der Biografie des jüdischen Boxers Hertzko Haft, der von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager zum Faustkampf gezwungen wurde und daraus seine Überlebensstrategie machte. Diese auch im Ausland sehr erfolgreiche Erzählung wurde zuerst in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« als Serie veröffentlicht, bevor sie in Buchform erschien. »Der Boxer« wurde 2013 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie »Sachbuch« ausgezeichnet. Kleists Comicbiografie der somalischen Sportlerin Samia Yusuf Omar, die ihr Land 2008 bei den Olympischen Spielen vertrat und 2012 bei einem Fluchtversuch nach Europa ums Leben kam, erschien 2014 ebenfalls in der »FAZ« und 2015 in Buchform und wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher 2016. Ab 2013 erzählte Kleist alle zwei Wochen in der Berliner Stadtzeitschrift »zitty« von »Berliner Mythen«. Auf der Website von Arte veröffentlichte er 2016 seine Comic-Reportage »Kawergosk – 5 Sterne« über seine Erlebnisse in einem syrischen Flüchtlingslager im Nordirak.
Kleist hält regelmäßig Workshops und Vorträge und organisiert Ausstellungen, u. a. in Mexiko, Brasilien, China, Italien, Jordanien, Algerien, Spanien oder Kanada.
Carlsen
Hamburg, 2006
Berlinoir 1–3
Carlsen
Hamburg, 2013
Der Boxer
Die wahre Geschichte des Hertzko Haft
Carlsen
Hamburg, 2011
Der Traum von Olympia
Die Geschichte von Samia Yusuf Omar
Carlsen
Hamburg, 2015
Berliner Mythen
Carlsen
Hamburg, 2016