Philippe Dijan
- Frankreich
- Zu Gast beim ilb: 2009
Philippe Djian wurde 1949 in Paris geboren und wuchs dort auf. Bereits als Jugendlicher jobbte er bei dem Verlag Gallimard, bei dem heute seine Bücher erscheinen. Er studierte Literaturwissenschaft und besuchte eine Journalistenschule, brach aber beides nach ein paar Monaten ab. Danach schlug er sich mit diversen Jobs durchs Leben, arbeitete für die Librairie française am Rockefeller Center in New York, schrieb als Journalist Reportagen über Kolumbien und versuchte sich als Buchhändler in Frankreich. Währenddessen ging Djian schriftstellerischen Ambitionen nach: Mit 22 veröffentlichte er sein erstes Buch, den Erzählband »50 contre 1« (1981; dt. »100 zu 1: Frühe Stories« 2008): Zwölf Kurzgeschichten, die er parallel zu seinem Job an einer Mautstelle der Autobahn Paris-Nantes tippte. Unverkennbar sind bereits in diesen frühen Stories die Vorbilder aus der modernen amerikanischen Literatur, denen Djian in seinen Werken nacheifert: Die Schriftsteller der Beat Generation, aber auch Henry Miller und J.D. Salinger, inspirierten ihn zu einem temporeichen Schreibstil, kombiniert mit einer präzisen Einfachheit in der Sprache. Inhaltlich schildert er meist Alltagssituationen, untermalt von kurzen Exkursen ins Fantastische und, häufiger noch, ins Pornographische. Mit seinem dritten Roman, »37,2º le matin« (1985; dt. »Betty Blue: 37,2º am Morgen« 1986), wurde der Autor über Nacht berühmt. Das Buch wurde in den 1980ern als Kultbuch gehandelt. Es ist die rasante Geschichte einer »amour fou« zwischen dem verhinderten Schriftsteller Zorg und der jungen, verführerischen Betty, die ihr jähes Ende mit der Ermordung der psychisch labilen Frau durch ihren Liebhaber findet.
In Djians frühen Werken sind die Hauptpersonen stets eher jugendliche, entwurzelte Charaktere, die ein Leben von der Hand in den Mund führen. Das ändert sich erst mit seinem siebten Roman, »Lent Dehors« (1991, dt. »Pas de Deux« 1994), wo das Paar, dessen kriselnde Ehe im Mittelpunkt des Geschehens steht, ein bürgerlich-gesetztes Leben führt und erste körperliche Gebrechen den Alltag überschatten. Zugleich führt Djian hier erstmals eine zweite zeitliche Erzählebene ein und verlegt einen Gutteil der Handlung 30 Jahre in die Vergangenheit. Auch dieses Buch kann sich in Tempo und Duktus mit den Frühwerken messen, die Charaktere erscheinen plastischer und gewinnen an Tiefe. In seinem neusten Projekt, einer »Soap« in Romanform mit insgesamt sechs Folgen, »Doggy Bag« (2009), erzählt Djian die Geschichte der beiden Brüder Marc und David, die in jungen Jahren dieselbe Frau liebten. Damals konnte die sich jedoch zwischen den beiden nicht entscheiden und seilte sich heimlich aus der Stadt ab. Genau 20 Jahre später kehrt sie zurück und bringt das Leben der Brüder und ihrer Familien gehörig durcheinander.
Zwei der Werke Philippe Djians (Blau wie die Hölle; Betty Blue, 37,2º am Morgen) wurden erfolgreich verfilmt. Seit einiger Zeit lebt und arbeitet er wieder in Paris.
Betty Blue:
37,2° am Morgen
Diogenes
Zürich, 1986
[Ü: Michael Mosblech]
Pas de deux
Diogenes
Zürich, 1996
[Ü: Michael Mosblech]
Schwarze Tage,
weiße Nächte
Diogenes
Zürich, 2002
[Ü: Ulrich Wittmann]
Die Frühreifen
Diogenes
Zürich, 2006
[Ü: Michael Mosblech]
Doggy Bag
(6 Bände) Diogenes
Zürich, 2009
[Ü: Ulrich Wittmann]
Übersetzer
Michael Mosblech, Ulrich Wittmann