Nasrin Siege
Nasrin Siege wurde 1950 im Iran geboren und kam als Neunjährige in die Bundesrepublik. Sie wuchs in Hamburg und Flensburg auf, studierte Psychologie und Pädagogik in Kiel und arbeitete als Psychotherapeutin in einer Suchtklinik in Friedrichsdorf im Taunus. Seit 1983 hält sich Nasrin Siege mit ihrem Ehemann, einem deutschen Entwicklungshelfer, immer wieder für längere Zeit in Afrika auf. Sie arbeitet als freischaffende Schriftstellerin, beschäftigt sich mit traditionellen Heilmethoden, sammelt Märchen und befaßt sich mit afrikanischer Kunst. In Tansania engagierte sie sich in verschiedenen Straßenkinderprojekten und als Beraterin im Kinderuntersuchungsgefängnis von Dar-Es-Salaam und gründete mit Freunden den Verein „Hilfe für Afrika e.V.“.
Nasrin Sieges Texte bringen Vorurteile gegenüber fremden Kulturen zur Sprache, brechen Rollenklischees auf und setzen sich mit der Lebenssituation von Kindern in unterschiedlichen Kulturen auseinander. „Als Kind habe ich mich oft darüber geärgert, dass fremde Kulturen in Jugendbüchern entweder als ‚exotisch’ dargestellt wurden, als Kulisse für die weißen Helden dienten oder ganz einfach lächerlich gemacht wurden. Und ich habe Kinderbücher vermisst, in denen Mädchen wie ich vorkamen, die ähnliche Probleme hatten wie ich.“ 1990 erschien mit „Sombo, das Mädchen vom Fluss“ ihr erstes Kinderbuch. In einfühlsamen Worten erzählt sie die Geschichte eines heranwachsenden Mädchens in Sambia. Spannend und anschaulich beschreibt sie Landwirtschaft, Fischfang und Jagd bei den Luvale. Sie berichtet von Sombos Initiation im Mukanda, der Mädchen-Buschschule, wo sie auf ihr Leben als Frau vorbereitet wird und von ihrem Wunsch, einmal mehr erreichen zu können als die Frauen in ihrem Dorf. Das „Sombo“-Buch wird häufig als Unterrichtslektüre verwendet und wurde zusammen mit „Wie der Fluss in meinem Dorf“ (1994) mit dem Kinderbuch-Preis der Ausländerbeauftragten des Berliner Senats ausgezeichnet. Oft sind Nasrin Sieges Bücher Spiegel ihres eigenen Lebenswegs, was ihr Roman „Shirin“ (1996) zeigt. Die elfjährige Shirin kommt 1960 mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland, und während die anfänglichen Schwierigkeiten, Freunde zu finden, nach und nach unbedeutender werden, entfremdet sie sich zunehmend von ihren Eltern.
Nasrin Sieges Rolle als ‚Vermittlerin’ wird auch in ihren Märchen deutlich. In „Kalulu und andere afrikanische Märchen“ (1993) folgt sie der Spur des Hasen Kalulu. Die Märchen erzählen von Kampf und Unterwerfung, Liebe und Hass, und überraschen mit plötzlichen Wendungen und witzigen Bildern, afrikanischen Weisheiten und europäischen Einflüssen. Im August 2004 ist Sieges neuestes Jugendbuch „Hyänen im hohen Gras. Spuren in der Serengeti“ erschienen. Seit 2005 lebt die Autorin in Madagaskar. Sie unterstützt dort unter anderem Jugendliche bei der Realisierung eigener Buchprojekte.
© internationales literaturfestival berlin
Sombo, das Mädchen vom Fluss
Beltz & Gelberg
Weinheim, 1990
Kalulu und andere afrikanische Mädchen
Brandes & Apsel
Frankfurt/Main, 1993
Ill: Babara Rieder
Wie der Fluss in meinem Dorf
Beltz & Gelberg
Weinheim, 1994
Der Tag des Regenbogens
Brandes & Apsel
Frankfurt/Main, 1995
Shirin
Beltz & Gelberg
Weinheim, 1996
Juma, ein Strassenkind aus Tansania
Beltz & Gelberg
Weinheim, 1998
Als die Elefanten kamen
Beltz & Gelberg
Weinheim, 2001
Hyänen im hohen Gras. Spuren in der Serengeti
Brandes & Apsel
Frankfurt/Main, 2004