Michał Książek
- Polen
- Zu Gast beim ilb: 2018
Der Kulturwissenschaftler und Ornithologe Michał Książek, geboren 1978 im polnischen Oraczew, schreibt Essays, Reportagen und Gedichte.
Er debütierte 2013 mit einem Buch über Sibirien »Jakuck. Słownik języka« (Ü: Jakutien, Wörterbuch eines Ortes). Książek folgte den Spuren von Wacław Sieroszewski (1858–1945), einem polnischen Schriftsteller des Jungen Polen, der nach Sibirien verbannt worden war und dort fünfzehn Jahre lebte, darunter zwölf bei den Jakuten, deren Sprache und Gebräuche er dabei studierte und dokumentierte. Książek schildert in seiner Dokumentation die Geschichte von Jakutien und seinen indigenen Bewohnern, angefangen von der kolonialistischen Herrschaft der Kosaken im frühen 17. Jahrhundert über die Novemberrevolution bis in die Gegenwart, in der die Jakuten nach dem Zerfall der UdSSR eine nationale Wiedergeburt erleben. Dabei erlaubt sich Książek in seinen Beschreibungen oftmals einen geradezu exzessiven poetischen Stil, schwelgt in Metaphern und Symbolen, als wollte er die Umgebung mit der Sichtweise der naturverbundenen Ureinwohner erfassen. 2014 veröffentlichte Książek den Gedichtband »Nauka o ptakach« (Ü: Wissenschaft von den Vögeln), der mit dem Silesius-Preis für Lyrik der Stadt Wrocław ausgezeichnet wurde. Drei Jahre später folgte der Lyrikband »Północny wschód« (2017; Ü: Nordosten), mit dem Książek für den Orfeusz-Mazurski-Preis 2018 nominiert wurde. In seiner Reisereportage »Droga 816« (dt. »Straße 816«) beschreibt Ksiᶏżek die Eindrücke von seinen insgesamt fünf Fußmärschen entlang der titelgebenden Straße in Polen, der er von Norden nach Süden entlang der polnisch-belarussischen und polnisch-ukrainischen Grenze folgte – parallel zum Fluss Bug und zur Grenze zwischen Europäischer Union und den osteuropäischen Ländern, die der EU nicht angehören. Ksiᶏżek beschreibt nicht nur den letzten verbliebenen Urwald Europas Białowieża mit seiner erstaunlichen Artenvielfalt – vor allem seltener Vögel, die anderswo längst nicht mehr anzutreffen sind. Es geht auch um die Geschichte dieser Region, die durch die Erinnerungen der Menschen, die der Wanderer auf seinem Weg trifft, lebendig wird. Das Grenzgebiet ist Heimat verschiedener Ethnien, Konfessionen und Kulturen, Teil des katholischen Polens, Lebensraum orthodoxer Ukrainer, Unterschlupf für Schmuggler. Direkt an der Straße 816 lag während der Nazizeit zudem das deutsche Vernichtungslager Sobibór, und auch Treblinka ist nicht weit entfernt. Mit poetischer Sprache gelingt es dem Autor in »Straße 816«, Naturschilderung mit Geschichtsschreibung zu verbinden. Ksiᶏżek wurde für dieses Werk mit dem Literaturpreis Gdynia 2016 in der Kategorie Essayistik ausgezeichnet und war für zahlreiche andere polnische Preise nominiert.
Ksiᶏżek engagiert sich in einer Bürgerinitiative gegen Rodungen im Nationalpark Białowieża, wo er heute auch lebt.
Jakuck. Słownik miejsca
Czarne
Wołowiec, 2013
Nauka o ptakach
Fundacja Sąsiedzi
Białystok, 2014
Północny wschód
Fundacja Sąsiedzi
Białystok, 2017
Straße 816
S. Fischer
Frankfurt a. M., 2018
[Ü: Renate Schmidgall]