Mahmud Doulatabadi
- Iran
- Zu Gast beim ilb: 2010
Mahmud Doulatabadi wurde 1940 in Dowlatabad, Provinz Chorasan (Iran), geboren. Als Junge arbeitete er u. a. als Schafhirte, als Schuhmachergehilfe in der Werkstatt des Vaters und auch als Friseur. Mit 13 Jahren wurde er Saisonarbeiter in den Feldern. Das Gymnasium konnte er aus finanziellen Gründen nicht beenden. Daraufhin ging er nach Teheran, schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch und wurde in das Ensemble eines Theaters aufgenommen. Darüber hinaus engagierte er sich in einem Heim für die geistige Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Im März 1975 inhaftierte ihn die Polizei aus politischen Gründen für zwei Jahre.
Seine erste Erzählung wurde in der Theater- und Literaturzeitschrift »Anahita« veröffentlicht. Seit Ende der 1960er Jahre widmete er sich dem Schreiben epischer Romane: »Kelidar« (1969−1983; dt. 1997), »Dja-je Chali-ye Ssolutsch« (1979; dt. »Der leere Platz von Ssolutsch«, 1991) und ein noch unvollendeter Zyklus »Ruzegar-e separishodeh-e mardom-e salkhordeh« (drei Bände seit 1988; Ü: Vergängliche Zeiten betagter Menschen). »Kelidar«, ein Roman von über 3.000 Seiten, hat sich im Iran bislang an die 100.000 Mal verkauft und gilt als der bedeutendste der iranischen Kultur. 2009 erschien (nur auf Deutsch als weltweite Erstveröffentlichung) Doulatabadis Roman »Der Colonel«, den er bereits 25 Jahre zuvor geschrieben hatte. Es handelt es sich um ein nachtschwarzes, regennasses Buch der Angst, der Abgründe und des Todes, die erste große literarische Verarbeitung der iranischen Revolution von 1979 und ihrer Folgen, die in der Heimat des Autors bislang nicht veröffentlicht werden durfte. Es ist die Geschichte eines Scheiterns, ein Roman über den Untergang einer Familie, in dessen Zentrum der Colonel, ein ehemaliger Offizier der Schah-Armee, und seine fünf Kinder stehen, die eins nach dem andern auf dem Altar der Revolution geopfert werden. Die Handlung des Buches, die wie auf den Gemälden der alten niederländischen Meister sich aus dem Dunkel herausschält, umfasst nicht einmal 24 Stunden, und doch gelingt es Mahmud Doulatabadi, in diesem atmosphärisch wie sprachlich dichten Roman das mentale Porträt eines Landes zu zeichnen, das am Rande des Abgrunds steht und in einem Labyrinth aus albtraumhaften Ausnahmesituationen gefangen ist. Nichts ist in diesem Buch eindeutig, alles zweischneidig, ein jeder Täter und Opfer.
Mahmud Doulatabadi lebt im Iran.
Der leere Platz von Ssolutsch
Unionsverlag
Zürich, 1991
[Ü: Sigrid Lofti]
Die Reise
Unionsverlag
Zürich, 1992
[Ü: Bahman Nirumand]
Kelidar
Unionsverlag
Zürich, 1997
[Ü: Sigrid Lofti]
Die alte Erde
Unionsverlag
Zürich, 2000
[Ü: Bahman Nirumand]
Der Colonel
Unionsverlag
Zürich, 2009
[Ü: Bahman Nirumand]