Luiz Ruffato
- Brasilien
- Zu Gast beim ilb: 2006, 2019
Luiz Ruffato wurde 1961 im südostbrasilianischen Bundesstaat Minas Gerais als Enkel italienischer Einwanderer geboren, seine Mutter Analphabetin und Wäscherin, sein Vater Halbanalphabet und Popcornverkäufer. Ruffato war als Verkäufer und Textilarbeiter tätig, bis er nach Juiz de Fora zog, wo er als Mechaniker arbeitete und später Journalismus studierte. 1990 ließ er sich in São Paulo nieder, arbeitete für eine der wichtigsten Zeitungen des Landes, »O Estado de S. Paulo«, und begann literarische Werke zu schreiben, für die er entscheidende Impulse aus seiner Herkunft aus der Arbeiterschicht bezog.
Ruffato debütierte mit dem Roman »Eles eram muitos cavalos« (2001; dt. »Es waren viele Pferde«, 2012), der von der Kritik als Meilenstein der brasilianischen Literatur des 21. Jahrhunderts gelobt wurde. Er präsentiert darin ein Panorama des Alltags in São Paulo. Zum einen ist es eine Stadt der Reichen mit ihren Luxusautos und den repräsentativen Residenzen in prächtigen Stadtvierteln, zum anderen die Heimat einer armen Masse, die mühsam ihr Leben fristet. Für das Werk, das sich aus siebzig Episoden oder Kapiteln zusammensetzt, die alle an einem einzigen Tag spielen, wurde Ruffato mit dem Prêmio Machado de Assis der Stiftung Nationalbibliothek und dem Prêmio Associação Paulista de Críticos de Arte ausgezeichnet. Nach der Veröffentlichung des Gedichtbands »As máscaras singulares« (2002; Ü: Die einzigartigen Masken) begann Ruffato mit der Arbeit an seinem ambitionierten fünfteiligen Zyklus über die Industrialisierung Brasiliens seit den fünfziger Jahren, der 2005–2011 unter dem Titel »Inferno provisorio« (dt. »Vorläufige Hölle«) erschien, mit dem Prêmio Associação Paulista de Críticos de Arte, dem Prêmio Jabuti und dem kubanischen Premio Casa de las Americas ausgezeichnet wurde und als Grundlage für den Spielfilm »Redemoinho« (2016) diente. Sein Roman »Estive em Lisboa e lembrei de você« (2010; dt. »Ich war in Lissabon und dachte an dich«, 2015) schildert das Schicksal eines brasilianischen Migranten in Portugal und wurde ebenfalls verfilmt. 2007 veröffentlichte er den Roman »De mim já nem se lembra« (Ü: Du erinnerst dich nicht mehr an mich), 2018 den Erzählband »A cidade dorme« (2018; Ü: Die Stadt schläft), zuletzt den Roman »O verão tardio« (Ü: Spätsommer).
Bei der Frankfurter Buchmesse 2013 mit dem Gastland Brasilien hielt er die Eröffnungsrede, in der er offen die Probleme seines Landes ansprach. Zusammen mit seinem deutschen Übersetzer Michael Kegler erhielt Ruffato 2016 den Hermann-Hesse-Preis. Seine Bücher erschienen in zwölf Ländern.
As máscaras singulares
Boitempo
São Paulo, 2002
A verdadeira história do Sapo Luiz
DSOP
São Paulo, 2014
Es waren viele Pferde
Assoziation A
Berlin, 2012
[Ü: Michael Kegler]
Ich war in Lissabon und dachte an dich
Assoziation A
Hamburg/Berlin, 2015
[Ü: Michael Kegler]
Mama, es geht mir gut
Vorläufige Hölle I
Assoziation A
Berlin, 2013
[Ü: Michael Kegler]
Feindliche Welt
Vorläufige Hölle II
Assoziation A
Berlin, 2014
[Ü: Michael Kegler]
Teilansicht der Nacht
Vorläufige Hölle III
Assoziation A
Berlin, 2017
[Ü: Michael Kegler]
Das Buch der Unmöglichkeiten
Vorläufige Hölle IV
Assoziation A
Berlin, 2019
[Ü: Michael Kegler]
De mim já nem se lembra
Companhia das Letras
São Paulo, 2015
A cidade dorme
Companhia das Letras
São Paulo, 2018
O verão tardio
Companhia das Letras
São Paulo, 2019
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