Jonathan Franzen
Jonathan Franzen wurde 1959 in Western Springs, Illinois, geboren und ist in einem Vorort von St. Louis, Missouri, aufgewachsen. Er studierte Literatur in Philadelphia und in Berlin.
Franzen, der schon auf dem College zu schreiben begann, ist Autor von drei Romanen und einer Essaysammlung („How to Be Alone“, 2002; dt. „Anleitung zum Einsamsein“, 2002), die eine revidierte Fassung seines vieldiskutierten Artikels von 1996 über Zukunft und Bestimmung des Romans enthält („Why bother?“). Er schreibt für den „New Yorker“ und „Harper’s Magazine“.
Mit seinem dritten Roman „The Corrections“ (2001, dt. „Die Korrekturen“, 2002) hat Franzen auf eindrucksvolle Weise das Genre des Gesellschaftsromans wiederbelebt. Er erzählt die Geschichte vom Auseinanderfallen der Familie Lambert vor dem Hintergrund einer entfesselten globalisierten Weltwirtschaft. Während sich Alfred Lamberts Persönlichkeit, die Zeit seines Lebens durch Selbstkontrolle und Disziplin charakterisiert war, im Verlauf der Parkinsonschen Krankheit auflöst, ist seine Frau Enid davon besessen, die Illusion eines geglückten Lebensentwurfes in einem letzten gemeinsamen Weihnachtsfest aufgehen zu lassen. Ihre drei Kinder versuchen indessen, diesen elterlichen Lebensentwurf zu „korrigieren“. Aber, wie es im Buch heißt, „was die Korrekturen möglich machte, vereitelte sie zugleich“, und während die nächste Generation mit ihrem jeweiligen Versagen konfrontiert ist, schließt das Buch mit einer umfassenderen Korrektur: dem Zusammenbruch des virtuellen Booms auf den Finanzmärkten. Franzen schlägt den Bogen von der in überkommenen Moralvorstellungen verhafteten Welt des mittleren Westen der sechziger Jahren bis in die Gegenwart der amerikanischen Großstädte mit ihrer Technik-Versessenheit, ihrem Glauben an mühelose Gewinne in einem niemals endenden Wirtschaftsboom und ihrem Imperativ der mentalen Ausgeglichenheit und sexuellen Erfülltheit. Zugleich erinnert seine Erzähltechnik an die der großen Realisten des 19. Jahrhunderts. Seine Sprache ist schonungslos genau, zugleich jedoch mitfühlend in ihrem Humor und von einer unsentimentalen Menschlichkeit geprägt. Franzens erster Roman „The Twenty-Seventh City“ (1988) erschien 2003 in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die 27ste Stadt“. Darin wird die junge Inderin S. Jammu aus Bombay zur Polizeifchefin von St. Louis ernannt. Was wie eine weitere Variation auf den amerikanischen Traum beginnt, entwickelt sich in der darauffolgenden politischen Konspiration zu einer schwarzen Komödie. Franzen verbindet realistische und phantastische Elemente zu einer brillanten und bissigen Bestandsaufnahme der amerikanischen Gesellschaft. Mit dem autobiografisch inspirierten Roman „The Discomfort Zone: A Personal History“ (2006; dt. „Die Unruhezone“, 2007) lieferte Franzen, neben der Geschichte einer Jugend im Mittleren Westen, ein zwischen komisch-trotziger Selbstbefragung und Empathie oszillierendes Porträt einer amerikanischen Mittelschichtfamilie.
Franzen erhielt verschiedene Auszeichnungen, u. a. den National Book Award für „The Corrections“ 2001. Er lebt in New York.
© internationales literaturfestival berlin
Vielleicht auch träumen: Essay über das Elend der Gegenwartsliteratur
F. Berlin Verlag
Berlin 2002
Übersetzung: Chris Hirte
Die Korrekturen
Rowohlt
Reinbek, 2003
Übersetzung: Bettina Abarbanell
Anleitung zum Einsamsein
Rowohlt
Reinbek, 2003
Übersetzung: Chris Hirte
Die 27ste Stadt
Rowohlt
Reinbek, 2003
Übersetzung: Chris Hirte
Schweres Beben
Rowohlt
Reinbek, 2005
Übersetzung: Thomas Piltz
Die Unruhezone
Rowohlt
Reinbeck, 2007
Übersetzung: Eike Schönfeld
Übersetzer: Bettina Abarbanell, Chris Hirte, Heinz Müller, Thomas Piltz