Johannes Anyuru
- Schweden
- Zu Gast beim ilb: 2021
Johannes Anyuru wurde 1979 in Borås, Schweden, geboren. Seine Eltern hatten sich in Kenia kennengelernt, wo seine Mutter als Freiwillige in einem Hilfsprojekt arbeitete und wohin sein Vater, ein Kampfpilot, aus seiner Heimat Uganda geflüchtet war.
Mit dem Verfassen von Gedichten begann Anyuru schon während der Gymnasialzeit. 2003 debütierte er mit dem viel beachteten Gedichtband »Det är bara gudarna som är nya« (Ü: Nur die Götter sind neu). Hintergrund und Inspirationsquelle der lyrischen Texte dieser Sammlung ist Homers »Ilias«. Kritiker verglichen Anyurus Stil mit dem zeitgenössischer schwedischer Dichter der älteren Generation wie Göran Sonnevi und Tomas Tranströmer einerseits sowie mit dem der Texte der Hip-Hop-Band The Latin Kings andererseits. Die Gedichte von Anyurus zweitem Lyrikband »Omega« (2005) behandeln den Krebstod eines engen Freundes. 2010 erschien Anyurus erster Roman »Skulle jag dö under andra himlar« (Ü: Sollte ich unter anderen Himmeln sterben). In dieser Geschichte über Liebe und Freundschaft trifft ein junger, erfolgreicher Künstler in einer Schaffenskrise in Madrid auf eine Frau, die ebenfalls Künstlerin ist und etwas ausstrahlt, wonach er immer gesucht hat, ohne genau zu wissen, was es ist. Die Handlung von Anyurus zweitem Roman »En storm kom från paradiset« (2012; dt. »Ein Sturm wehte vom Paradiese her«, 2015) setzt sich aus Splittern der Biografie seines Vaters zusammen: Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen in Uganda, lässt dieser sich als Jugendlicher in Griechenland zum Kampfpiloten ausbilden. Am Ende der Ausbildung entscheidet er sich nach der Machtergreifung Idi Amins gegen eine Rückkehr nach Hause und nimmt ein Angebot aus Sambia an, wo er direkt nach seiner Ankunft verhaftet wird und einen mehrjährigen Leidensweg antritt. Der Roman wurde mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet und in sieben Sprachen übersetzt. Den renommierten Augustpreis sowie den Per-Olov-Enquist-Preis bekam Anyuru schließlich für »De kommer att drunkna i sina mödrars tårar« (2017; dt. »Sie werden in den Tränen ihrer Mütter ertrinken«, 2021). Mit der Arbeit an diesem Roman begann Anyuru nach dem Terroranschlag auf »Charlie Hebdo« in Paris 2015. Die Dystopie spielt in einem Göteborg der Zukunft, wo alle Muslime einen Sondervertrag der Loyalität unterschreiben müssen, um nicht als Staatsfeinde die Abschiebung zu riskieren.
Johannes Anyuru unterrichtete kreatives Schreiben am Clandestino Institut, das vom Bwana Club betrieben wird. Zusammen mit Sean McConnell gründete er die Gruppe Broken Word, mit der er zahlreiche Spoken-Word-Sessions performte. Sein erstes Theaterstück »Förvaret« (Ü: Gewahrsam), das er zusammen mit Aleksander Motturi verfasste, wurde 2009 am Göteborger Stadttheater uraufgeführt. 2011 beteiligte sich Anyuru als Besatzungsmitglied an der Hilfsaktion »Ship to Gaza«. Der Autor lebt in Göteborg.
Det är bara gudarna som är nya
Wahlström & Widstrand
Stockholm, 2003
Omega
Wahlström & Widstrand
Stockholm, 2005
Städerna inuti Hall
Norstedts
Stockholm, 2009
Skulle jag dö under andra himlar
Norstedts
Stockholm, 2010
Ein Sturm wehte vom Paradiese her
Luchterhand Literaturverlag
München, 2015
[Ü: Paul Berf]
Sie werden in den Tränen ihrer Mütter ertrinken
Luchterhand Literaturverlag
München, 2021
[Ü: Paul Berf]