Jan de Leeuw
- Belgien
- Zu Gast beim ilb: 2012
Jan de Leeuw wurde 1968 im belgischen Aalst geboren. Er wuchs in einem Haus ganz ohne Bücher auf, war dafür aber reger Besucher der örtlichen Bibliothek. Ganz besonders prägte ihn die erstmalige Lektüre von J. R. R. Tolkiens »Der Herr der Ringe«. Schon in seiner Jugend wusste er, dass er Autor werden wollte. Als Erwachsener scheute er allerdings den mit einem Schriftstellerdasein verbundenen Erfolgsdruck und die ökonomische Unsicherheit und arbeitete zum Broterwerb zunächst als Psychologe.
Jan de Leeuws schriftstellerisches Themenspektrum ist vielfältig und lässt sich auch nicht auf ein bestimmtes Genre festlegen. In seinem Debüt »Vederland« (2004; dt. »Das Schweigen der Eulen«, 2006) erzählt er von dem 13-jährigen Arnoud, für den sich nach dem Fund zweier alter Briefe die Frage der moralischen Integrität seines im Zweiten Weltkrieg erschossenen Großvaters neu stellt. Für » die ZEIT« ist es »ein großartiges Jugendbuch. Weil wir im peinlich zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur trennenden Deutschland leben, besteht freilich die Gefahr, dass übersehen wird, was es sonst noch ist: ein großartiges Buch.« In dem im Wikingerzeitalter spielenden Jugendroman »Rode sneeuw« (2007; dt. »Roter Schnee auf Thorsteinhalla«, 2010) steht die rothaarige Wikingertochter Hallgerd im Zentrum der Handlung. Als sie erfährt, dass sie verheiratet werden soll, flieht sie aus Thorsteinhalla, das wenig später vom Feind Jarl Asmund angegriffen wird, was einen Rachefeldzug Hallgerds nach sich zieht. Jan de Leeuw ist eine spannende Wikingersaga mit einer komplexen Frauenfigur im Zentrum gelungen. Wieder einen Genresprung macht er mit »Bevroren Kamers« (2009; dt. »Schrödinger, Dr. Linda und eine Leiche im Kühlhaus«, 2010), einem schwarzhumorigen Jugendbuch, in dem der 15-jährige Jonas seine verstorbene Mutter in einem Kühlhaus versteckt und die beruflichen Verpflichtungen seiner Mutter erledigt, um zu vermeiden, dass er und seine kleine Schwester Sarah ins Kinderheim kommen. Denn der Vater befindet sich in psychiatrischer Behandlung, und seine Schwester hat nur die Party zu ihrem nahenden Geburtstag im Kopf. Jan de Leeuw entfaltet ein tragikomisches, slapstickreiches und skurriles Panorama von Charakteren und Situationen. Für die »Welt« ist es ein Buch, »das großartige Dialoge bietet, hinreißende Figuren ersinnt, die Gefühle dieser Figuren in tragikomischem Wechselbad ernst nimmt und dann auch noch, en passant, über Schuld, Glück und Unglück zu sprechen wagt«.
Jan de Leeuw gilt als eine der wichtigsten zeitgenössischen Stimmen der Jugendliteratur in Belgien und wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet. In Deutschland erhielt er u. a. eine Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis (2011). Von seinen sechs Büchern sind bislang vier in deutscher Übersetzung erschienen. Jan de Leeuw lebt und arbeitet als Psychologe und freier Schriftsteller in Gent.
© internationales literaturfestival berlin
Midzomernachtzee
Davidsfonds
Leuven, 2006
Das Schweigen der Eulen
Gerstenberg
Hildesheim, 2006
[Ü: Rolf Erdorf]
Nachtland
Gerstenberg
Hildesheim, 2007
[Ü: Rolf Erdorf]
Roter Schnee auf Thorsteinhalla
Gerstenberg
Hildesheim, 2010
[Ü: Rolf Erdorf]
Schrödinger, Dr. Linda und eine Leiche im Kühlhaus
Gerstenberg
Hildesheim, 2010
[Ü: Rolf Erdorf]
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