Ingrid de Kok
- Südafrika
- Zu Gast beim ilb: 2005
Ingrid de Kok wurde 1951 im südafrikanischen Johannesburg geboren und wuchs in der Goldgräberstadt Stilfontein auf. Im Alter von zwölf Jahren zog sie mit ihren Eltern zurück nach Johannesburg, wo sie an der Universität von Witwatersrand und an der Universität von Kapstadt Englisch und Politikwissenschaft studierte. 1977 wanderte de Kok nach Kanada aus. Sie setzte ihre Studien an der Queen’s University in Kingston fort und kehrte 1984 wieder nach Südafrika zurück. Dort war sie für eine pädagogische Stiftung tätig. Sie initiierte Kurse für schwarze Studenten, die damals von den »weißen« Universitäten ausgeschlossen waren. Zurzeit lehrt de Kok als Extraordinarius am Zentrum für außeruniversitäre Studien der Universität von Kapstadt, wo sie zahlreiche Kulturprogramme und Seminare auf dem Feld der Erwachsenenbildung plant und koordiniert.
Ihr Engagement im kulturpädagogischen Bereich zeigt sich – freilich in subtiler Form – auch in ihrem dichterischen Werk, das mit der Durcharbeitung der Vergangenheit und Bestandsaufnahmen der Gegenwart die Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung auslotet. »Transfer« (1997; Ü: Übergang), der zweite ihrer drei bislang erschienenen Gedichtbände, kontrastiert den politischen Wandel Südafrikas im ersten Teil des Buches mit einer im zweiten Teil folgenden sehr persönlichen, spezifisch weiblichen Erfahrungswelt, in der Liebe und familiäre Beziehungen im Mittelpunkt stehen. Doch de Kok setzt keinesfalls dem Hässlichen der Politik eine Idylle des Familiären entgegen: Beides ist miteinander verbunden. Zusätzlich gelingt es ihr, in der kunstvollen, sorgfältigen Darstellung gerade des Schrecklichen ein vorsichtiges Zukunftsvertrauen zu bewahren. In sowohl freien als auch rhythmisierten Versen mit häufigen Binnen- und gelegentlichen Endreimen, notiert de Kok lapidar Erscheinungsformen des Bösen und gibt der Unfassbarkeit des Schmerzes eine Form. »Es gibt immer noch Lyrik, auch nach Auschwitz, und wenn man – an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts – auf die Unmenschlichkeit der jüngsten südafrikanischen Vergangenheit der Apartheid zurückblickt und die Katastrophe der AIDS-Epidemie betrachtet, deuten Ingrid de Koks makellose Zeilen und illusionslose Beobachtungen an, dass ohne eine sture Hoffnung die schreckliche Schönheit tragischer Ereignisse verlorengeht und wir in sinnlosem, unerklärlichem Elend dastehen«, schreibt der Kritiker Simon Lewis. Der Titel ihres letzten Gedichtbandes »Terrestrial Things« (2002; Ü: Irdische Dinge) spielt auf ein Gedicht von Thomas Hardy an, in dem ebenfalls die Möglichkeit erwogen wird, es gebe Grund zur Hoffnung, auch wenn die »irdischen Dinge« für diese Annahme keinen Anlass geben.
De Koks Gedichte wurden in mehrere Sprachen übersetzt und erschienen in verschiedenen nationalen und internationalen Zeitungen und Anthologien. Für ihr Werk wurde die Dichterin mit Auslandsstipendien und Preisen wie dem Dalro Poetry Award oder dem Herman Charles Bosman Award für englische Literatur ausgezeichnet. Sie ist außerdem Herausgeberin mehrerer wissenschaftlicher Bücher und Anthologien, Mitglied verschiedener Jurys sowie Autorin von Rezensionen und Artikeln. De Kok lebt in Kapstadt.
© internationales literaturfestival berlin
Familiar Ground
Ravan Press
Johannesburg, 1988
Transfer
Snailpress
Kapstadt, 2002
Terrestrial Things
Kwela/Snailpress
Kapstadt, 2002
Seasonal Fires
Seven Stories
New York, 2006
Übersetzer: Richard Bertelsmann