Horacio Castellanos Moya
- El Salvador
- Zu Gast beim ilb: 2015
Horacio Castellanos Moya
Horacio Castellanos Moya wurde 1957 in Tegucigalpa, Honduras, geboren und zog mit vier Jahren mit seiner Familie in die Heimat seines Vaters, El Salvador. Nachdem er sechs Monate lang Geschichte an der York University im kanadischen Toronto studiert hatte, kehrte er 1979 nach El Salvador zurück und setzte sich als Journalist für die Ziele der Arbeiterbewegung ein, von der er sich 1984 distanzierte. Ab 1982 arbeitete er als Redakteur in der salvadorianischen Presseagentur und ab 1984 als Korrespondent für die brasilianische Zeitschrift »Cuadernos del tercer mundo«. 1991 war Castellanos Moya Mitgründer der ersten Zeitung, die nach dem Bürgerkrieg in El Salvador erschien. Der Frieden währte allerdings nur kurz, da er bereits 1997 wegen seiner Erzählung »El Asco« (Ü: der Ekel), die mit intertextuellen Bezügen zum Werk des österreichischen Schriftstellers Thomas Bernhard ein zorniges, überspitztes Bild des Landes zeichnete, in dem nichts beschönigt oder verherrlicht wurde, Morddrohungen erhielt und El Salvador fluchtartig verließ.
Sein literarisches Debüt hatte Castellanos Moya neun Jahre zuvor mit dem Roman »La diáspora« (Ü: Die Diaspora) gegeben. Er beschreibt darin die Situation der Exilanten während des Bürgerkriegs, deren Schicksal er, von 1981 bis 1991 in Mexiko-Stadt lebend, teilte. 1988 wurde das Buch mit dem von der Universidad Centroamericana »José Simeón Cañas« verliehenen Premio Nacional de la Novela geehrt. Sein erstes auf Deutsch übersetztes Werk war 2003 der Roman »La diabla en el espejo« (2000; dt. »Die Spiegelbeichte«). In einem einzigen Monolog nutzt Castellanos Moya hier das Genre der Detektivgeschichte für ein bitterböses Sittengemälde der salvadorianischen Elite. Alexandra Ortiz Wallner lobte in einer Rezension für die »LiteraturNachrichten« das hohe Tempo der Geschichte, die aber auch das Reflektieren über einen einzelnen Satz erlaube, da sie der Vorstellungskraft des Lesers Raum lasse. In seinem zuletzt auf Deutsch erschienenen Roman »El sueño del retorno« (2013; dt. »Der Traum von Rückkehr«, 2015), der als Fortschreibung seiner »fragmentarischen Chronik Zentralamerikas« (»Neue Zürcher Zeitung«) gesehen werden kann, schwingt die persönliche Sehnsucht des Schriftstellers nach der Heimat mit, aus der er gleich zweimal vertrieben wurde. In einer ebenso spannenden wie verworrenen Geschichte steht der Protagonist Erasmo Aragón vor der Wahl, ob er das Angebot eines Arztes annehmen will, unter Hypnose seine nicht ohne Grund tief vergrabenen Erinnerungen an den Bürgerkrieg freizulegen, zurückgehalten vom Misstrauen, dass auf diese Weise das politische Exil zu einem existenziellen werden könnte.
Horacio Castellanos Moya erhielt u.a. den Manuel Rojas Prize (2014) der chilenischen Regierung für sein Lebenswerk. Nach vielen Stationen des Exils, darunter Frankfurt am Main, lehrt er inzwischen an der Universität von Iowa, USA.
Die Spiegelbeichte
Rotpunkt
Zürich, 2003
[Ü: Jan Weiz]
Der Waffengänger
Rotpunkt
Zürich, 2003
[Ü: Jan Weiz]
Aragóns Abgang
Rotpunkt
Zürich, 2005
[Ü: Stefanie Gerhold]
Der schwarze Palast
S. Fischer
Frankfurt a. M., 2010
[Ü: Stefanie Gerhold]
Der Traum von Rückkehr
S. Fischer
Frankfurt a. M., 2015
[Ü: Stefanie Gerhold]