Girgis Shoukry
- Ägypten
- Zu Gast beim ilb: 2009
Girgis Shoukry wurde 1967 in Sohaq, Ägypten, als Sohn einer koptischen Familie geboren. Nach seinem Handelsstudium legte er das Kritikerdiplom der Nationalen Kunstakademie ab. Seinen Lebensunterhalt verdient der Dichter sich als Kunst- und Theaterkritiker für ein Radio- und Fernsehmagazin, zugleich ist er Mitherausgeber der Zeitschrift »Aswat adabiyya«.
Bislang veröffentlichte Shoukry vier Gedichtbände, darunter »Darurat al-kalb fi-l-masrahiyya« (2000; Ü: Über die Notwendigkeit des Hundes im Theaterstück) und zuletzt »Wa-l-aydi ‚utla rasmiyya« (2004), der von den Dichtern José F. A. Oliver und Raphael Urweider »poetisch eingeschmuggelt« und von Leila Chammaa ins Deutsche übersetzt wurde (»Und die Hände auf Urlaub«, 2008). Auf Deutsch liegt außerdem eine Auswahl aus den ersten drei Bänden vor (»Was von uns übrig bleibt, interessiert niemanden«, 2004).
Girgis Shoukry nahm an mehreren internationalen Lyrikfestivals und Künstleraustauschprojekten teil und ist über Ägypten hinaus bekannt. »Meine Gedichte sollen aussehen wie die Menschen auf der Straße«, sagt Shoukry über sein Schreiben. »Ich möchte die ›großen Fragen‹ der Philosophie dekonstruieren und sie im alltäglichen Leben der Menschen, über die ich schreibe, arbeiten sehen.« In einer klaren und schlichten Sprache, die einen poetischen Rhythmus entfaltet, setzt er oft Alltagsgegenstände als Wesen mit Seele in Szene, zum Beispiel eine »Jacke«: »Ich und meine Jacke machen im Winter Spaziergänge. / […] Wenn die Welt zu ersticken droht, trage ich sie auf dem Arm; / manchmal springt sie über meine Schultern wie / eine Katze. / Wenn sie von Sehnsucht überwältigt wird / beißt sie in meine Taschen. / Ich lächle beruhigt« (in: Über die Notwendigkeit des Hundes im Theaterstück). Dadurch entstehen ausdrucksstarke Bilderwelten, die gerade die verschwiegenen Gefühle, Fragen und Hoffnungen der Menschen sichtbar werden lassen, wie in seinem Gedicht »Komplizenschaft«: »Ich lüge / und der Stuhl, auf dem ich sitze, / vergibt mir. // Du lügst, / aber der Stuhl, auf dem du sitzt, / vergibt dir. // Der Tisch schaut zu / und lässt es wohlwollend geschehen« (in: »Hände auf Urlaub«).
Shoukry möchte die Lyrik aus dem Elfenbeinturm befreien und dem Leser neue Perspektiven auf die Welt eröffnen. Wie viele andere ägyptische Schriftsteller seiner Generation interessiert er sich als Lyriker weniger für das große Ganze als für den Einzelnen. Seine teils melancholische, teils lakonische Dichtung schärft den Blick für die Risse in der Normalität und deckt die Einsamkeit des Menschen in seinem Leben auf. Girgis Shoukry lebt und arbeitet in Kairo.
© internationales literaturfestival berlin
Bi-la muqabil asqutu
asfal hidha’i
Hay’at Qusur al-Thaqafa
Kairo, 1996
Rajul tayyib yukallim
nafsahu
Dar al-Sharqiyyat
Kairo, 1998
Darurat al-kalb
fi-l-masrahiyya
Dar al-Sharqiyyat
Kairo, 2000
Was von uns übrig bleibt,
interessiert niemanden
Sabon Verlag
St. Gallen, 2004
[Ü: Suleman Taufiq]
Und die Hände auf Urlaub
Verlag Hans Schiler
Berlin, 2008
[Ü: Leila Chammaa]