Frank Witzel
- Deutschland
- Zu Gast beim ilb: 2015, 2017
Frank Witzel wurde 1955 in Wiesbaden geboren – einer Stadt, die, wie es der Autor, Zeichner und Musiker einmal scherzhaft formulierte, »nichts Besonderes zu bieten hatte in den Sechzigern«. Bereits im Kindesalter erlernte der vielseitige Künstler verschiedene Instrumente und begann dann als Jugendlicher auch zu zeichnen und zu schreiben. Er verfasste Gedichte, Prosatexte, Essays und Beiträge für Kultur- und Literaturmagazine. 1978 erschien sein erster Gedichtband »Stille Tage in Cliché«, den er mit eigenen Illustrationen versah. Der zweite Band »Tage ohne Ende« folgte 1980. Obgleich seine frühen Prosawerke – mehrere Erzählungen und Romanfragmente – bisher unveröffentlicht blieben, deuten sich hier bereits zentrale Elemente seiner späteren Texte an: wahnhafte Fantasien, Erinnerungsfetzen, philosophische Exkurse und jede Menge surreal anmutender Figuren, die sich in einer unübersichtlichen Welt zu behaupten versuchen.
2001 gelang Witzel mit dem Roman »Bluemoon Baby« der Durchbruch. In seinem satirischen Thriller lässt der Autor den hessischen Gymnasiallehrer Hugo Rhäs zur Schlüsselfigur einer weltweiten Verschwörung werden und durchsetzt die bizarre Geschichte mit zahlreichen philosophischen und literarischen Querverweisen. Groteske Figuren und krude Verschwörungstheorien zeichnen auch den 2003 erschienenen Nachfolgeroman »Revolution und Heimarbeit« aus – ein »Mahlstrom durcheinander tanzender Erzählstränge, Reflexionsebenen und philosophischer Diskurse« (»taz«). Zusammen mit Thomas Meinecke und Klaus Walter verfasste Witzel die beiden Gesprächsbücher »Plattenspieler« (2005) und »Die Bundesrepublik Deutschland« (2010), in denen Themen wie Musik und Frisuren ebenso durchdiskutiert werden wie das zeitgenössische Politikgeschehen. Sein Roman »Vondenloh« (2008) erzählt von absurden Ereignissen rund um die Figur der titelgebenden Schriftstellerin Bettine Vondenloh, deren Werke niemals länger sind als 120 Seiten. 2015 legte Witzel mit dem fulminanten, 800 Seiten starken Roman »Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969« sein bisher meistbeachtetes Werk vor. In 98 Kapiteln, die rasant zwischen Handlungssträngen, Jahrzehnten und Themen wie Terrorismus und Popmusik hin und her springen, erschuf der Autor einen »Roman mit Langzeitwirkung« (»Süddeutsche Zeitung«). Sein umfassendes Prosa-Projekt wurde 2012 mit dem Robert Gernhardt Preis und dem Deutschen Buchpreis 2015 ausgezeichnet. Witzels jüngster Roman »Direkt danach und kurz davor« (2017) spielt im Nachkriegsdeutschland: Ein vielstimmiger Chor fragt danach, was wirklich geschah, und versucht Geschichte durch Geschichten zu erfassen. Der Leser steigt immer tiefer in die Bodenlosigkeit der historischen Ereignisse und sieht hinab in das Grauen des Menschenmöglichen.
Frank Witzel lebt und arbeitet in Offenbach.
Bluemoon Baby
Edition Nautilus
Hamburg, 2001
Revolution und Heimarbeit
Edition Nautilus
Hamburg, 2003
Vondenloh
Textem-Verlag
Hamburg, 2008
Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969
Matthes & Seitz
Berlin, 2015
Direkt danach und kurz davor
Matthes & Seitz
Berlin, 2017