Felix Stephan
- Deutschland
- Zu Gast beim ilb: 2013, 2017
Felix Stephan, geboren 1983, wuchs im Ostteil des geteilten Berlins auf, gehörte allerdings zum ersten Jahrgang, der bei der Einschulung kein Pioniertuch mehr trug. Er besuchte verschiedene Berliner Gymnasien, studierte Journalismus und Literatur in Leipzig, Zürich und Hongkong und war von 2015 bis 2017 Kulturredakteur bei »Zeit Online«. In einem Essay aus dem Jahr 2016 vertrat er die These, dass Awkwardness »als Grundeinstellung des modernen Menschen […] das lang ersehnte Konzept sein könnte, in dem sich alle anderen dominanten ästhetischen Strömungen der vergangenen Jahrzehnte aufheben ließen«.
Nach seinem Debütroman »Ach, Lorenz« (2010) erschien 2017 sein dokumentarischer Roman »Slawa und seine Frauen«. Darin erzählt Stephan die wahre Geschichte seiner Mutter, die sich, nachdem die Kinder aus dem Haus gegangen sind, auf die Suche nach ihrem leiblichen Vater macht. Auch wenn sie von ihm nicht mehr weiß, als dass er Wjatscheslaw Fahlbush hieß und in den 1960er Jahren in Leningrad Medizin studiert hat, gelingt es ihr mithilfe der sozialen Netzwerke relativ schnell, ihn ausfindig zu machen. Wjatscheslaw Fahlbush hat sein Leben in der westukrainischen Kleinstadt Uzhgorod verbracht, wo er im Jahr 1990, kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, im Alter von nur 48 Jahren starb. Seine Frau, Kinder und Kindeskinder sind nun die neue, ukrainische Familie von Felix Stephan und seiner Mutter: Ludmilla unterrichtet Englisch an der örtlichen Schule, Alexander lebt als Psychiater in Israel, Boris war Investmentbanker in Moskau, Kostja tritt bald seinen Wehrdienst beim israelischen Militär an. »Slawa und seine Frauen« erzählt von den ersten vorsichtigen Kontakten zwischen dem deutschen und dem ukrainischen Teil der Familie, von den gemeinsamen Versuchen, die Lücken in den Familiengeschichten zu schließen und die kulturellen Unterschiede zu überbrücken. Und es geht um die Metamorphose von Felix Stephans Mutter, die als deutsche Sozialistin aufwuchs und jetzt feststellt, dass sie, wie es im Buch heißt, neuerdings »einen Hauch weniger deutsch, sondern in erster Linie in Deutschland aufgewachsen« ist. Außerdem hat sie sich nun mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Bedeutung die Tatsache für sie hat, dass ihr Vater Jude war.
Felix Stephan ist Preisträger des Treffens junger Autoren 2003. Seit 2011 lebt er als freier Autor in Berlin und schreibt für u. a. für die »Süddeutsche Zeitung«, »Die Welt«, »Zeit Online«, »Tagesspiegel« und »Monopol« über Literatur, Pop und Gesellschaft.
Ach, Lorenz
Mitteldeutscher Verlag
Halle, 2010
Slawa und seine Frauen
Droemer
München 2017