Edmundo Paz Soldán
Edmundo Paz Soldán wurde 1967 im bolivianischen Cochabamba geboren. Er studierte Politikwissenschaften an der University of Alabama in Huntsville und promovierte 1997 in Berkeley im Fach Hispanistik. Zu diesem Zeitpunkt war er mit zwei Erzählbänden und einem preisgekrönten Roman bereits ein anerkannter Autor.
Paz Soldán ist ein Vertreter der sogenannten Generation »McOndo«, die sich in den neunziger Jahren entwickelte und sich in der gleichnamigen Anthologie von 1996 zusammenfand. Der von Alberto Fuguet ge pr ägte Terminus »McOndo« drückt über die Anspielung auf García Márquez’ fiktiven Ort Macondo eine Distanzierung vom Magischen Realismus aus und verweist ironisch auf die Zeitgebundenheit der jüngeren lateinamerikanischen Literatur. Insbesondere die Massenmedien und die populäre Kultur sind Einflussquellen wie auch Themen dieses neuen realistischen Schreibens. Während Paz Soldán in Kurzgeschichtensammlungen wie »Amores imperfectos« (1998; Ü: Unperfekte Lieben) und »Desencuentros« (2004; Ü: Entfremdungen) eher die Kalamitäten romantischer Leidenschaften behandelt, steht in seinen Romanen – neben den digitalen Technologien – die soziokulturelle Realität seiner Heimat Bolivien im Fokus, die er oft anhand der fiktionalisierten Stadt »Río fugitivo« darstellt. Eine weitere Konstante seines Werkes ist eine Vorliebe für das Genre der Kriminalliteratur und die Darstellung von verschiedenen Realitätsebenen. Darin lässt sich der Einfluss von modernen Klassikern wie Borges und Onetti erkennen, welchen Paz Soldán keineswegs verleugnet.
In seiner mit dem Premio Juan Rulfo prämierten Kurzgeschichte »Dochera« (1998) hinterlässt ein in sich zurückgezogener Erfinder von Kreuzworträtseln mit seinen Definitionen kryptische Verweise auf die geheimnisvolle Frau seiner Sehnsüchte. Nach »Sueños digitales« (2000; Ü: Digitale Träume) und »La materia del deseo« (2001; Ü: Der Stoff des Begehrens) legte Paz Soldán mit »El delirio de Turing« (2003; Ü: Turings Delirium) erneut einen Technologiethriller vor. Er beschreibt einen intrigenreichen Kampf zwischen dem Sicherheitsdienst einer Regierung und einer globalisierungskritischen Gruppe von Hackern. Auch Paz Soldáns letzter Roman, »Palacio Quemado« (2006; Ü: Der verbrannte Palast), greift reale aktuelle Ereignisse auf und thematisiert die zweite Präsidentschaft von Gonzalo Sánchez de Lozada.
In der Anthologie »Se habla español« (Ü: Man spricht Spanisch) aus dem Jahr 2000 stellte Paz Soldán mit seinem Mitherausgeber Alberto Fuguet die jüngere lateinamerikanische Literatur dem nordamerikanischen Publikum vor. Der Autor wurde u.a. mit zwei National Book Awards ausgezeichnet und war Finalist des Premio Rómulo Gallegos. Er erhielt mehrere Stipendien, darunter eines der Guggenheim-Stiftung. Neben seinem literarischen Werk verfasste er zahlreiche journalistische und akademische Aufsätze sowie Übersetzungen. Er lehrt seit 2004 an der University of Cornell in New York.
© internationales literaturfestival berlin
Las mascaras de la nada
Los Amigos del Libro
La Paz, 1990
Días de papel
Los Amigos del Libro
Cochabamba, 1992
Alrededor de la torre
Nuevo Milenio
La Paz, 1997
Amores imperfectos
Alfaguara
Buenos Aires, 1998
Dochera y otros cuentos
Nuevo Milenio
La Paz , 1998
Río fugitivo
Alfaguara
La Paz, 1998
Simulacros
Santillana
La Paz, 1999
Se habla español [Hg.]
Alfaguara
Buenos Aires, 2000
Sueños digitales
Santillana
Madrid, 2000
La materia del deseo
Alfaguara
Miami, 2001
Alcides Arguedas y la narrativa de la nación enferma
Plural
La Paz, 2003
El delirio de Turing
Santillana
La Paz, 2003
Desencuentros
Alfaguara
Madrid, 2004
Palacio Quemado
Alfaguara
Miami, 2006