Aris Fioretos
Aris Fioretos wurde 1960 als Sohn griechisch-österreichischer Eltern in Göteborg, Schweden, geboren. Er studierte Vergleichende Literaturwissenschaft in Stockholm, Paris und Yale. Der habilitierte Literaturwissenschaftler publizierte Essays und wissenschaftliche Arbeiten – zu Hölderlin, Benjamin und Celan – und übersetzte u. a. Paul Auster, Friedrich Hölderlin, Vladimir Nabokov und Jan Wagner ins Schwedische. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Preise, zuletzt den Jeanette Schocken Preis der Stadt Bremerhaven 2017.
Seit seinem Debüt mit »Delandets bok« (1991; Ü: Das Buch des Teilens) veröffentlichte Fioretos mehrere Bände mit Kurzprosa. Sein erster Roman »Stockholm Noir« (2000; dt. »Die Seelensucherin«, 2000) wurde von der Kritik begeistert aufgenommen und mehrfach ausgezeichnet. Virtuos vernetzt Fioretos hier nicht nur verschiedene Erzählebenen, sondern auch reale Wissenschaftsgeschichte mit fiktiven Schicksalen. Auf verschlungenen Pfaden begleitet der Leser eine junge Berlinerin auf ihrer dreitägigen Suche nach dem Vater durch das winterliche Stockholm des Jahres 1925 und erfährt dabei, wie eng ihr Schicksal mit dem eines selbst ernannten schwedischen »Seelenbiologen« verknüpft ist, der davon überzeugt ist, den Sitz der Seele im menschlichen Gehirn ausmachen zu können. Auch sein zweiter Roman »Sanningen om Sasha Knisch« (2002; dt. »Die Wahrheit über Sascha Knisch«, 2003) nimmt seinen Ausgang im Berlin der zwanziger Jahre und bedient sich historischer Fakten, um verschiedene Erzählstränge miteinander zu verbinden. Vor dem Hintergrund einer Verschwörung im Wissenschaftsmilieu erzählt Fioretos von den Camouflagen und Verlockungen des Sexuellen und formuliert eine ebenso scharfsinnige wie komische Liebeserklärung an die Kraft der Einbildung. Hubert Winkels befand nach der Lektüre, Fioretos erreiche mit seinem Schreiben das, was höchste Aufgabe der Literatur sei, nämlich »mit poetischen Mitteln Erkenntnis zu zeugen«. 2011 sorgte »Den siste greken« (2009; dt. »Der letzte Grieche«, 2010) für Aufsehen. Darin wandert eine griechische Familie nach ihrer Vertreibung durch die Türken von Smyrna nach Mazedonien und schließlich nach Schweden aus. Der Roman »Mary« (2015; dt. 2016) ist eine Anklage an die Militärdiktatur in Griechenland: Eine schwangere Studentin, die von der Junta als Aufständische brutal gefoltert und auf eine Gefängnisinsel verbannt wird, übt sich dennoch in Härte und leistet mit kleinen Gesten Widerstand. 2016 erschien sein Essay über die Kunst des Romans »Vatten, gåshud« (dt. »Wasser, Gänsehaut«, 2017), in dem er kenntnisreich und elegant vom antiken Mythos bis zu Proust und Nabokov durch die Weltliteratur führt.
Aris Fioretos war u. a. Botschaftsrat für Kultur an der schwedischen Botschaft in Berlin, wurde 2010 zum Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt berufen und anschließend zu einem der drei Vize-Präsidenten gewählt. Er lebt und arbeitet in Stockholm und Berlin.
Delandets bok
Prosapoesie
Norstedt
Stockholm, 1991
Die Seelensucherin
DuMont
Köln, 2000
[Ü: Paul Berf]
Stockholm Noir
Norstedt
Stockholm, 2000
[Ü: Paul Berf]
Die Wahrheit über Sascha Knisch
DuMont
Köln, 2003
[Ü: Paul Berf]
Mein schwarzer Schädel
DAAD
Berlin, 2003
[Ü: Paul Berf]
Das Maß eines Fußes
Hanser
München, 2008
[Ü: Paul Berf]
Der letzte Grieche
Hanser
München, 2011
[Ü: Paul Berf]
Die halbe Sonne
Hanser
München, 2013
[Ü: Paul Berf]
Mary
Hanser
München, 2016
[Ü: Paul Berf]
Wasser, Gänsehaut
Hanser
München, 2017
[Ü: Paul Berf]