An Na
- Südkorea, USA
- Zu Gast beim ilb: 2005
An Na wurde 1972 in Südkorea geboren und wuchs in San Diego, Kalifornien, auf. Sie gehört zu den bedeutendsten neuen Stimmen der asiatisch-amerikanischen Jugendliteratur. Nach ihrem Studium am Amherst College arbeitete sie zunächst einige Jahre als Grundschullehrerin für Englisch und Geschichte, bevor sie an der University of East Anglia in Norwich ihren Master of Fine Arts in Writing Children’s Literature erlangte. Seitdem widmet sie sich ganz dem Schreiben.
2001 gab An mit »A Step From Heaven« (dt. »Im Himmel spricht man Englisch«, 2005), einem berührenden Adoleszenzroman, der sich in den USA über 40.000 Mal verkaufte, ihr fulminantes Debüt. Authentisch und verstörend, in Gedankensplittern und innerem Monolog zeigt die Autorin eine zarte und zugleich grausame Welt und zeichnet den Weg der Koreanerin Young Ju nach, die als kleines Kind mit ihren Eltern aus einem koreanischen Fischerdorf nach »Mi Gook« (Amerika), emigriert. An Na beschreibt in kurzen Kapiteln und einer nüchternen, aber lyrischen Sprache die Entwicklung der Vierjährigen zu einer jungen Frau in einem komplexen und sehr fremden Leben – zwischen koreanischen Traditionen und amerikanischem Traum. Seinen besonderen Reiz erhält der Roman durch eine stringent eingehaltene Gegenwartsperspektive. So bleibt der Leser stets auf der Entwicklungshöhe der Ich-Erzählerin. An Nas knappe Worte und ihre eindrücklichen Bilder erlauben eine unmittelbare, beinahe beklemmende Anteilnahme am Geschehen und Empfinden des heranwachsenden Mädchens. In losen, eindringlichen Episoden entsteht ein bezwingendes Portrait der Emigrantenfamilie: Während Young Ju schnell Englisch lernt und es mit zähem Ehrgeiz und großer Neugier schafft, im neuen Land Fuß zu fassen – sie wird am Ende aufs College gehen –, bleibt den Eltern fernab der Traditionen ihrer Heimat das neue Leben mit all seinen ungewohnten Sitten und neuen Freiheiten fremd. Schlaglichtartig beleuchtet der feingesponnene Roman, wie die Familie durch den Alkoholismus und die Gewalttätigkeit des Vaters langsam auseinanderfällt und schließlich die Ehe der Eltern zerbricht. Auch die großen Pläne, die sie für den in Amerika geborenen jüngeren Bruder von Young Ju machen, platzen wie Seifenblasen.
Danach gefragt, ob es sich um einen autobiografischen Roman handelt, antwortet An: »›Im Himmel spricht man Englisch‹ entstand aus den Sehnsüchten und Frustrationen heraus, die ich als junge Immigrantin in Amerika erfahren habe. Viele Menschen fragen mich, ob der Roman autobiografisch ist, und die Antwort ist: ja und nein. Wie alles Geschriebene, schöpft der Roman aus früheren Emotionen, aber die Geschichte ist nicht mein Leben. Was die Protagonistin und ich teilen, sind Gefühle wie Sehnsucht, Freude und Scham; Gefühle, die entstehen, wenn man versucht, sich in einer fremden Kultur zurechtzufinden.«
An Nas Jugendroman wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem renommierten Michael L. Printz Award (2002) und dem Asian Pacific American Award for Literature (2001-2003). Das Buch war Finalist des angesehenen National Book Awards (2001) und wurde von der »New York Times Book Review« als bemerkenswertes Buch ausgezeichnet (2001). Wie in ihrem Erstling geht es auch in An Nas zweitem Roman »Wait For Me« (2006; Ü: Warte auf mich) um Identitätssuche vor dem Hintergrund der Immigration. Allerdings rückt die Autorin hier Themen wie die erste Liebe, Mutter-Tochter-Beziehung und vor allem die Erwartungen ans Leben in den Mittelpunkt dieses Romans für junge Erwachsene. Erzählt wird die Geschichte von Mina, einem siebzehnjährigen Mädchen, das unschlüssig ist, wie es sein zukünftiges Leben gestalten soll. Einerseits möchte Mina den Wunsch ihrer Mutter, sich um die jüngere hörgeschädigte Schwester zu kümmern, erfüllen, andererseits erkennt sie, dass sie ihren eigenen Weg finden muss, als sie sich in den Mexikaner Ysrael verliebt. An Na lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Montpelier, Vermont.
© internationales literaturfestival berlin
Im Himmel spricht man Englisch
Sauerländer
Düsseldorf, 2005
[Ü: Cornelia Krutz-Arnold]
Wait For Me
G.P. Putnam’s Sons
New York, 2006