Alan Pauls
- Argentinien
- Zu Gast beim ilb: 2010, 2019
Alan Pauls, argentinischer Romancier, Essayist, Kritiker und Drehbuchautor, wurde 1959 in Buenos Aires geboren. Er studierte Literaturwissenschaften an der Universidad de Buenos Aires, an die er später als Dozent für Literaturtheorie zurückkehrte, gründete die Zeitschrift »Lecturas críticas« und arbeitete als Redakteur für die Tageszeitung »Página/12«.
Sein erster Roman »El pudor del pornógrafo« (1984; Ü: Die Scham des Pornografen) schreibt sich in die Tradition der Briefromane ein. Gegenstand ist der Briefwechsel des als Ratgeber in erotischen Fragen tätigen Erzählers mit seiner Geliebten. Während ein ersehntes Wiedersehen wiederholt verschoben werden muss, intensivieren sich das schriftlich geäußerte Begehren und die Leidenschaft der beiden. International bekannt wurde Pauls durch seinen preisgekrönten und von Héctor Babenco verfilmten vierten Roman »El pasado« (2003; dt. »Die Vergangenheit«, 2009). Der Übersetzer Rímini trennt sich nach zwölf symbiotischen Jahren absoluter Liebe von seiner Frau Sofía und stürzt sich im Buenos Aires der Achtziger in amouröse Abenteuer und Arbeits- und Drogenexzesse, doch kann er sich von Sofías obsessiver Liebe und der gemeinsamen Vergangenheit nicht frei machen. Der auf unterschiedlichen Zeitebenen virtuos konstruierte Roman leuchtet mit hoher sprachlicher Intensität die seelischen Abgründe der beiden Hauptfiguren aus. Die komplexe Satzarchitektur, die unterschiedlichen Sprachregister und der Metaphernreichtum verdichten das Werk zu einer vielschichtigen Studie über Erfahrung und Vergessen, Liebe und Eifersucht. Zwischen 2007 und 2013 entstand Pauls̕ Trilogie über die Siebziger in Argentinien. »Historia del llanto« (2007; dt. »Geschichte der Tränen«, 2010) bildet den Auftakt zu seiner Geschichte der argentinischen Diktatur. Vor dem Hintergrund der ideologischen Kämpfe schildert der Roman die geistig-seelische Entwicklung eines sensiblen und gebildeten Sohns einer progressiven Familie der Mittelschicht. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung des jungen Protagonisten mit seinen Zeitgenossen und den prägenden Ereignissen der Epoche. Der zweite Teil »Historia del pelo« (2010; dt. »Geschichte der Haare«, 2012) erzählt Zeitgeschichte anhand von Frisuren. »Historia del dinero« (2013; dt. »Geschichte des Geldes«, 2016) ist ein »Familienkammerspiel, in dem das Geld die Hauptrolle spielt und so diktatorisch [ist] wie die Militärherrschaft, die schließlich auch willkürlich Menschen Macht zuspricht, sie in Folterkellern bricht oder in Baugruben verschwinden lässt« (»DIE ZEIT«). Pauls veröffentlichte außerdem bislang sechs Essaybände, zuletzt »Trance« (2018), einen Essay über das Lesen.
Alan Pauls wurde mit dem Premio Herralde (2003) ausgezeichnet. Roberto Bolaño bezeichnete ihn als »einen der besten lebenden Schriftsteller Lateinamerikas«. Pauls lebt in Buenos Aires. 2019 ist er Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.
El pudor del pornógrafo
Sudamericana
Buenos Aires, 1984
Die Vergangenheit
Klett-Cotta
Stuttgart, 2009
[Ü: Christian Hansen]
Geschichte der Tränen
Klett-Cotta
Stuttgart, 2010
[Ü: Christian Hansen]
Geschichte der Haare
Klett-Cotta
Stuttgart, 2012
[Ü: Christian Hansen]
Geschichte des Geldes
Klett-Cotta
Stuttgart, 2016
[Ü: Christian Hansen]