Der Kartenvorverkauf für das 16. internationale literaturfestival berlin (ilb) hat am 14. Juli begonnen. Das Festival präsentiert vom 7. bis zum 17. September 2016 im Haus der Berliner Festspiele und an weiteren Veranstaltungsorten internationale Literatur der Gegenwart in Berlin. Das Gesamtprogramm wird am 24. August 2016 veröffentlicht.
Roberto Bolaño war süchtig nach ihm, Patti Smith und Carlos Fuentes rühmten ihn über alles – das Festival wird mit einem Vortrag des argentinischen Autors César Aira am 7. September um 18 Uhr im Haus der Berliner Festspiele eröffnet. Vorher wird das Ensemble 16 Strings, ein Streichquartett des Deutschen Symphonie Orchesters Berlin, das Stück „Divorce“ von Fazil Say aus dem Jahr 2010 spielen. Gleich im Anschluss wird der irisch-amerikanische Autor Colm Tóibín seinen neuen Roman „Nora Webster“ vorstellen.
Zwischen diesen beiden Tagen werden ca.200 AutorInnen ihre Werke vorstellen und wichtige Themen unserer Zeit diskutieren. Es kommen u. a. die Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels Liao Yiwu (mit seinem ersten Roman) und Boualem Sansal (mit „2084“, einer Adaption des großen Werks von George Orwell, die er mit Bundestagspräsident Norbert Lammert schon am 6. September vorstellen wird), der europäische Essay-Preisträger Alain de Botton, Emmanuel Carrère, der Prix-Goncourt-Preisträger Mathias Énard, der große amerikanische Verleger Jonathan Galassi, die Premio-Strega-Preisträger Paolo Giordano und Nicola Lagioia, die Man-Booker-International-Preisträgerin Han Kang aus Südkorea, Rabai al-Madhoun (aus Palästina: International Prize for Arabic Fiction 2016 mit Concerto of the Holocaust and the Nakba), Sharon Dodua Otoo (Ingeborg-Bachmann-Preis 2016), der preisgekrönte Autor des „Stellvertreter“ (1963), vieler weiterer Theaterstücke, Prosawerke, Gedichte und Briefe Rolf Hochhuth. Alexander Ilitschewski, Deepti Kapoor aus Indien, der Jehuda-Amichai-Preisträger Yitzhak Laor, Connie Palmen, Margriet de Moor und der Träger des Literaturpreises der Europäischen Union Benedict Wells sind ebenso im Programm vertreten wie 31 Autoren, Illustratoren und Wissenschaftler, die in der Sektion Internationale Kinder- und Jugendliteratur auftreten, darunter die Illustratoren Carll Cneut und Allen Say sowie die deutsch-britische Illustratorin und Autorin Judith Kerr.
Nur wer sich ändert, bleibt sich treu: Wir freuen uns, dass wir im Berliner Ensemble daran mitwirken dürfen, am 12. Oktober die Autobiografie von Wolf Biermann erstmals vorzustellen, und halten uns auch weiterhin an diese Maxime des Liedermachers. Also heben wir nun auch eine neue Sparte des Festivals aus der Taufe: Science and the Humanities. Hier soll es um die Präsentation von wissenschaftlichem Denken, wissenschaftlichen Ergebnissen und Disputen gehen. Seit einigen Jahren hat das Festival bereits Erfahrungen auf dem Gebiet gewinnen können, indem es größere Projekte des Wissenschaftsjahres realisierte, in denen Wissenschaftler auf Schriftsteller stießen. In Science and the Humanities soll es darum gehen, einerseits die Kommunikation der wissenschaftlichen Arbeit in Berlin um eine öffentliche Facette reicher werden zu lassen, andererseits aber auch die Kommunikation mit Wissenschaftlern aus anderen Ländern und Kontinenten zu unterstreichen. Langfristig soll neben der Literatur, die naturgemäß der Hauptfokus des ilb ist und bleiben wird, die Themenbreite der großen Feuilletons im Festivalprogramm aufscheinen. In diesem Jahr umfasst das neue Programm u. a. einen Vortrag von Sigrid Weigel über Hannah Arendt als Selbstübersetzerin und ein großes Symposium zum Thema Fortschritt, Kapitalismus und Globale Armut. Einige Lehrer Thomas Pikettys wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Angus Deaton, David Graeber und Michael Hudson aus den USA werden daran teilnehmen. Sie werden der Frage nachgehen, was getan werden kann, um den Verlierern in unserer Gesellschaft und auf globaler Ebene aus der Misere zu helfen. Am letzten Festivaltag werden Yanis Varoufakis und Joseph Vogl in Anknüpfung an das Symposium über das europäische Finanzsystem sprechen.
31 Schrifsteller*Innen, Illustrator*Innen und WIssenschaftler*Innen nehmen in diesem Jahr an der Sektion „Internationale Kinder- und Jugendliteratur“ teil und stellen 28 Bücher vor, davon 22 als Premieren. Am 7. September wird die Sektion mit einer Rede von Ruta Sepetys (USA) eröffnet, die außerdem ihren Roman „Salt to the Sea“ als Deutschlandpremiere vorstellt. In der Sektion wird außerdem die Tagung „Que(e)r durch die Welt – LGBTI* und KJL“ in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt.
Der Lektor ist vielleicht der unsichtbarste Agent beim Zustandekommen eines Buches, obwohl er doch, zumindest hierzulande, erheblich zur Qualität und Lesbarkeit beiträgt. Warum etwa wird er nicht einfach genannt, wie der Übersetzer? Das ilb wird ab diesem Jahr, soweit es möglich ist, die Namen der verantwortlichen Lektoren benennen. Und nach der letztjährigen Reihe über „Die Kunst der literarischen Übersetzung“ folgt im September „The Art of Editing“, die ebenfalls mit einem Vortrag beginnt, nämlich dem von Delf Schmidt, dem langjährigen Lektor von Rowohlt und dem Berlin Verlag. An den Gesprächen über dieses Thema werden auch der Cheflektor des Suhrkamp Verlags Raimund Fellinger, Katharina Raabe, ebenfalls vom Suhrkamp Verlag, Franziska Günther von Aufbau, Amber Qureshi aus den USA und junge Lektoren aus Berlin teilnehmen.
Der in Berlin lebende Autor und Übersetzer Shane Anderson wird in der Veranstaltungsreihe der Berliner Festspiele HERE! HERE! THERE! im Rahmen des ilb erstmals eine Poetry Master Class von CAConrad und vier Lesungen leiten. Lyriker und Interessierte können sich für das Master Class anmelden – die Teilnehmerzahl ist aber begrenzt! Die Dichter Will Alexander und CAConrad (beide USA), Monika Rinck (D) und Lisa Robertson (Kanada/ F) werden dann abends ihre Arbeit und Poetik präsentieren.
Ein weiteres Special des diesjährigen Festivals widmet sich dem Islamismus, der in seinen verschiedenen Facetten und Ausdrucksformen in mehreren Veranstaltungen ein Hauptthema des diesjährigen ilb sein wird. Frank A. Meyer sowie der ehemalige Sprecher des BER Daniel Abbou, der Architekt Hubert Nienhoff, der Journalist Georg Mascolo u. a. werden über Deutschland sprechen, Letztere mit Experten über die „Marke Deutschland“, die durch diverse riskante Experimente wie Zinsmanipulationen, Baustellenversuche und so genannte Schummelsoftware in eine erhebliche Schieflage geraten ist. Revoltierende Frauen wie Deborah Feldman (USA/ D), Petina Gappah (Simbabwe/ CH) und Taslima Nasrin (Bangladesch/ USA) erzählen von ihren Befreiungsversuchen, Luke Harding über das teure Gift Polonium, das mit einiger Sicherheit von Putin nach London geschickt wurde (die Postboten sind in der DUMA oder laufen in Moskau frei herum), Patrick Kingsley (GB) über die Flüchtlingsströme, Pankaj Mishra (Indien/ GB) über China und Indien heute, Herta Müller, Jie Yu, Tienchi Martin und Liao Yiwu über das Schicksal von Liu Xia und ihrem Ehemann, dem inhaftierten Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, Laurie Penny (GB) über die Lage des Feminismus – sie wird übrigens auch aus ihrem neuen Buch „Babys machen und andere Storys“ lesen. Schließlich wird David Van Reybrouck (B) der Frage nachgehen, warum Abstimmen nicht demokratisch ist – er plädiert für das Losverfahren.
Am diesjährigen Graphic Novel Day, der erstmals von Andreas Platthaus („FAZ“) moderiert wird, werden u. a. Zeina Abirached (Libanon/ F), Marc-Antoine Mathieu (F), Kat Menschik und Jochen Schmidt (D) sowie Gilad Seliktar (Israel), Nicolas Wouters (Belgien) und Barbara Yelin (D) teilnehmen.
Wir erinnern zudem (mit Howard Jacobson) an Shakespeare und (mit Susanne Lange und Petra Strien) an Cervantes, die beide 1616 starben, (mit Verena Auffermann und Colm Tóibín) an Henry James und (mit Samuel Shimon) an Albert Cossery, der, aus Ägypten kommend, von August 1945 bis zu seinem Tod am 22. November 2008 in dem Hotel La Louisiane in der Pariser Rue de Seine lebte.
In New German Voices treten 2016 auf: Shida Bazyar und Senthuran Varatharaja. Freunde der Short Storys können sich auf den 15. Scritture-Giovani-Abend mit jungen europäischen Autoren freuen und Paul McVeigh, der selbst schon Short-Story-Festivals in London leitete, oder Namwali Serpell aus Sambia – sie gewann mit ihrer Geschichte den Cane-Preis für afrikanische Short Storys – beim Lesen lauschen.
Großartige Schauspieler und Moderatoren sind wie immer mit von der Partie: Burghart Klaußner liest aus dem „Kutscher“ des vor 100 Jahren geborenen Peter Weiss und Eva Mattes aus einem neuen Roman der großen Unbekannten der europäischen Literatur Elena Ferrante. Wie jedes Jahr lesen u. a. Denis Abrahams, Frank Arnold, Matthias Scherwenikas und Tom Wlaschiha die Übersetzungen der Lyrik und Prosa unserer Gäste. Thomas Böhm, Paul Ingendaay, Andreas Platthaus, Iris Radisch, Bernhard Robben, Stefan Weidner u. a. führen durch die Gespräche.
Drei Ausstellungen prägen die Atmosphäre im Haus der Berliner Festspiele während des Festivals:
„Vor allem eins: Dir selbst sei treu: Die Schauspielerin Channa Maron“ erzählt davon, wie Channa Maron die ersten zehn Jahre ihres Lebens in Berlin verbrachte, in vielen Film- und Theaterproduktionen mitwirkte, 1933 über Paris nach Palästina floh, im Krieg in den jüdischen Brigaden mitwirkte und in Israel zur gefeierten Schauspielerin und Friedensaktivistin wurde. Barbara Yelin aus Deutschland und David Polonsky aus Israel haben zehn Tafeln zum Leben Marons entworfen – sie werden im unteren Foyer ausgestellt. In Kooperation mit dem Goethe-Institut Israel.
In der Eingangshalle zeigen wir „The Poetry Project“: Sie kamen allein aus Afghanistan und Iran nach Berlin. Was sie erlebten, schrieben die 14- bis 18-Jährigen auf. Gedichte über Sehnsucht und Zärtlichkeit, Todesangst und Fremdheit. In Kooperation mit der SPIEGEL-Auslandskorrespondentin Susanne Koelbl u.a..
„Der Koffer – walizka“. Ein literarisches Fotoprojekt. Bei einem Spaziergang durch Berlin fanden Ali Ghandtschi und Mark Giannori einen alten Koffer, gefüllt mit Fotografien – beinahe hundert Jahre Leben einer deutschen Familie. Diese Fundstücke wurden nun von polnischen Autoren kommentiert.
Im Institut français hat bereits am 6. September folgende Ausstellung ihre Vernissage:
In der von Walther Fekl kuratierten Ausstellung „Tête à tête – Kopf an Kopf“ präsentieren politische Karikaturisten und Pressezeichner aus Deutschland und Frankreich ihre Auseinandersetzung mit Autoren. Franz Kafka, Voltaire, Stefan Zweig und Jean-Paul Sartre sind nur einige der Persönlichkeiten, die von Rainer Ehrt, Walter Hanel, Frank Hoppmann und ihren französischen Pendants Daniel Maja, Pancho, Honoré und Nicolas Vial auf vielfältige Art und Weise kommentiert werden.
Last but not least: Am 7. September werden im Rahmen der weltweiten Lesung gegen Populismus, zu der das ilb aufrief, Texte von Hannah Arendt, E. M. Forster, George Orwell, Max Weber, Arundhati Roy, Edward Said und Susan Sontag gelesen. Weitere Informationen erhalten Sie hier.
Karten zu ausgewählten Veranstaltungen online, telefonisch oder an der Kasse des Hauses der Berliner Festspiele erhältlich.
Berliner Festspiele – Ticket Office
Schaperstr. 24, 10719 Berlin
Tel +49 30 254 89-100, Montag bis Freitag von 14:00–18:00 Uhr
Fax +49 30 254 89-230
ticketinfo@berlinerfestspiele.de
oder unter www.berlinerfestspiele.de/literaturfestival
sowie über die bekannten Vorverkaufsstellen.
Eintrittspreise
Einzelkarte (wenn nicht anders angegeben) € 4 bis € 12 mit Ermäßigungen, Schüler € 4
Tageskarte € 18, ermäßigt € 14, Schüler € 8
Gesamtkarte Festival € 60, ermäßigt € 50, Schüler/Freundeskreis € 40
Gesamt- und Tageskarten gelten für die Veranstaltungen im Haus der Berliner Festspiele (außer Vormittagsveranstaltungen der Kinder- und Jugendliteratur). Es besteht kein Anspruch auf Einlass bei ausverkauften Veranstaltungen.
Tickets für Veranstaltungen der Sektion Internationale Kinder- und Jugendliteratur sind unter (030) 278786-66/-70(MO-DO 8-18 Uhr, FR 8-17 Uhr) oder kjl@literaturfestival.com erhältlich.
Das ilb bedankt sich bei seinen Förderern und den Berliner Festspielen, unserem Gastgeber im 12. Jahr.
Das offizielle Plakat des diesjährigen 16. internationalen literaturfestivals berlin wurde wie im letzten Jahr von Sunandini Banerjee, Lektorin, Übersetzerin, Buchdesignerin und Illustratorin bei dem in Kalkutta ansässigen Verlags Seagull Books: www.seagullbooks.org, gestaltet.