Welcome address: Lavinia Frey
Greetings: Claudia Roth (Minister of State for Culture and the Media) and Joe Chialo (State Minister for Culture and Social Cohesion).
Francesca Melandri opens the 23rd ilb with her speech »The Ultrasound of Silence«. Melandri’s work is characterized by an examination of memory culture and forgotten history.
»Missing dates from monuments. Absent words in national Constitutions. News which do not appear on the front pages. Omissions, ellipses, erasures, polite avoidances: the most powerful expression of history and politics – and possibly of human relationships in general – is more often than not in what is left unsaid« [Francesca Melandri]. [Francesca Melandri] Afterwards, Francesca Melandri, Navid Kermani, and Manjeet Mann discuss silence, non-speaking, and the freedom of speech in our culture today in a conversation moderated by Vivian Perkovic.
With the kind support of the Instituto Italiano di Cultura di Berlino.
Musical performance by musicians of the Trickster Orchestra under the direction of Cymin Samawatie.
To kick off the festival, the Berlin winner of the German Book Trade Reading Competition, Celia Spickhoff, will read from Erich Käster’s »Pünktchen und Anton« as part of the SPECIAL »1933–2023«.
The event is in German and English.
Program
„Maa shodane nou be nou“ / „Das neue Wir“
Trickster Orchestra, Composition: Cymin Samawatie; Lyrics: Cymin Samawatie & Ali Abdollahi, 2023
Welcome address by Vivian Perkovic, the host of the evening
Reading Erich Kästner “Pünktchen und Anton”
Kick-off to the special 1933 – 2023 with readings from banned books and books burned in 1933
Reader: Celia Spickhoff Berlin Winner of the German Book Trade Reading Competition.
Welcome address by Lavinia Frey, Festival Director
Greeting State Minister for Culture and Media and Patron of the 23rd ilb Claudia Roth
Greeting Senator for Culture and Social Cohesion Joe Chialo
“The Ultrasound of Silence”
Opening speech by Francesca Melandri
“The Ultrasound of Silence“ – Musical Reflection for the Opening Speech
Trickster Orchestra
“On Silence, Speaking out and the Freedom of Literature”
Conversation between Vivian Perkovic (host), Francesca Melandri, Navid Kermani, and Manjeet Mann
“The Water Tiger”
Trickster Orchestra, Composition: Cymin Samawatie, 2021
Francesca Melandri [Italien]
Navid Kermani [Deutschland]
Manjeet Mann [Großbritannien]
Trickster Orchestra:
Cymin Samawatie – Vocals, Artistic Direction
Maria Reich – Violin
Dima Dawood – Kanun
Wu Wei – Sheng
Milian Vogel – Bass Clarinet, Electronics
Taiko Saito – Vibraphone
Programmatic Statement (in German):
Als Mitglieder des Berliner Trickster Orchestra freuen wir uns sehr, zur diesjährigen Eröffnung des internationalen literaturfestivals berlin beitragen zu dürfen. Mit unserer Musik lösen wir uns ein Stück weit von unseren Traditionen, um unserer verflochtenen Gegenwart Ausdruck zu verleihen. Die Frage, die im Zentrum der drei Werke steht, die Sie heute Abend hören, ist folgende: Wie können wir das musikalische Wissen, das in unseren Traditionen verankert ist, als lebendige Bedeutung erhalten?
Wir verorten mit diesem Programm verschiedene musikalische Vermächtnisse in unserer globalen Gegenwart, die wir heute direkt vor unserer Haustür finden. Wir sind neugierig, was die Sheng oder die Viola antworten, wenn Electronics oder die Kanun eine Frage stellen. Nicht nur durch Improvisation verbinden wir diese Instrumente miteinander. Auch in Texturen und Partituren suchen wir nach neuen Ähnlichkeiten. Wir finden diesen Ort des Zusammenwachsens in Klanglandschaften, die Groove mit lyrischen, sphärischen und abstrakten Klängen verschmelzen. Diese berührende Synthese, gewoben aus mannigfaltigen kulturellen Strängen, nennen wir trans-traditionelle Musik.
An vielen Orten der Welt waren Musik und Poesie nie strikt voneinander getrennt. Das Eröffnungsstück „Maa shodane nou be nou“ („Das neue Wir“, 2023; Komposition: Cymin Samawatie, 1976) verleiht dieser Verbindung Ausdruck. Es vertont ein Gedicht auf Farsi, das in Zusammenarbeit zwischen Cymin Samawatie und Ali Abdollahi (1968) entstand. Die persische Poesie steuert hier eine weitere Klangfarbe bei. Ihre mehrdeutigen Schattierungen bringen das zum Ausdruck, was nicht unbedingt explizit gemacht werden kann. Der Musik und der Poesie wohnt die Sehnsucht inne, sich neu mit dem Anderen zu vereinen und die komplexen Schattierungen menschlicher Vielfalt zu spüren:
Ein neues Wir
Verflochten mit dem Alten
Die Hoffnung nach Freiheit
Durchtränkt mit Schmerz
Ein neues Wir
Aus der Schwere der Vergangenheit
Ummantelt mit frischer Leichtigkeit
Auf einem langen Weg zu Dir
Ein neues Wir
Behutsam aus der Sehnsucht
Nach einer ewigen Lust
Das neue Wir
Ein leichtes Wagnis
Verwoben mit einer Fantasie aus mir
Im zweiten musikalischen Moment nehmen wir den Titel der Eröffnungsrede von Francesca Melandri auf, um musikalisch zur Lautstärke des Schweigens zu reflektieren. „The Ultrasound of Silence“ ist ein Versuch, der Präsenz der Stille Raum zu verschaffen. Eine Improvisation zur Unterlassung, Löschung und Absenz von Begriffen und Wörtern mündet in ein klangliches Gespräch darüber, wie diese menschliche Interaktion und Raum transformieren.
Mit dem „Wassertiger“ (2021, Komposition: Cymin Samawatie) stellen wir zum Abschluss eine Tondichtung vor, die sich einem imaginierten Wesen der Verflüssigung widmet. Das Stück basiert auf einem Libretto von Monika Rinck (*1969) und ist ein Auszug unseres Radiohörstücks „Mimesis: Nothing is alien between us“, das für die SWR2 Jetztmusik entstand. Auf musikalischer Nachahmung basierend, entsteht aus fluidem Groove und klanglichen Echos ein transkultureller Mythos des Dazwischen.
Die Lyrik und Musik des heutigen Programms spiegeln unser geteiltes menschliches Dasein wider. Ihre Themen erinnern uns daran, dass unsere eigenen Erfahrungen bei aller Unterschiedlichkeit die Erfahrungen der anderen widerspiegeln und dass wir keine einsamen Wesen sind. Sie alle teilen ein emotionales Terrain. Sie alle „ermöglichen es uns, eine Sache anzuschauen und uns mit ihr zu identifizieren, um auf diese Weise ihr Wesen zu stärken“, wie der Dichter Czeslaw Milosz einmal schrieb. Für uns verkörpert der in so vielen Literaturen des Planeten lebende Trickster diese Fähigkeit, sich in verschiedene Formen des Seins zu verwandeln, die Mehrdeutigkeit des Lebens wertzuschätzen und allzu saubere Trennungen zu durchbrechen.