Monika Fagerholm
- Finland
- Zu Gast beim ilb: 2022
Monika Fagerholm wurde 1961 in Helsinki geboren. Die Finnlandschwedin studierte Psychologie und Literaturwissenschaften an der dortigen Universität und veröffentlichte zwei Kurzgeschichtenbände, bevor sie mit ihrem ersten Roman »Underbara kvinnor vid vatten« [1994; dt. »Wunderbare Frauen am Wasser«, 1997] größere Bekanntheit erlangte. Im Präsens gehalten und wie mit der Kamera beobachtet, erzählt er von zwei Familien, die Anfang der 1960er-Jahre in einem finnischen Ferienort aufeinandertreffen. Es kommt zu einem Seitensprung, eine Ehe zerbricht, am Ende des Romans sind die Kinder vom Anfang schon erwachsen und nicht unbedingt glücklicher als ihre Eltern. »Wir lesen die alte Geschichte vom Werden und Vergehen alles Irdischen, von der Verquickung des Glücks mit dem Leid. Sie ist in sehr lebendigen Gestalten überzeugend verkörpert, dazu anmutig erzählt«, lobte die »FAZ«. Der Roman wurde mit dem Runeberg-Preis ausgezeichnet.
Ebenfalls ins Deutsche übersetzt wurde der Kriminalroman »Den amerikanska flickan« [2005; dt. »Das amerikanische Mädchen«, 2008], der sich um den Tod der jungen Amerikanerin Eddie de Wire dreht, die Ende der 1960er-Jahre nach Finnland kommt und kurz darauf stirbt. Die mysteriösen Umstände – angeblich ist Eddie in einem Moorsee ertrunken, aber es könnte auch Mord gewesen sein; am nächsten Tag nimmt ihr Freund sich das Leben – sind für die Freundinnen Sandra und Doris Anlass genug, der Geschichte auf den Grund zu gehen. Der Stil ist von wechselnden Erzählperspektiven, Zeit- und Gedankensprüngen geprägt. Monika Fagerholm erhielt für diesen Roman den August-Preis, den renommiertesten schwedischen Literaturpreis.
Zuletzt erschien »Vem dödade bambi?« [2019; »Wer hat Bambi getötet?«, 2022], in dessen Zentrum eine Gruppenvergewaltigung steht, die von vier jungen Männern in einem wohlhabenden Vorort von Helsinki begangen wird. Monika Fagerholm legt ihren Fokus jedoch nicht auf die Tat selbst, sondern auf die Ereignisse davor und danach und erkundet so die gesellschaftlichen Strukturen, die ein derartiges Verbrechen und seine Vertuschung ermöglichen. Mit einem großen Arsenal an Figuren ausgestattet, verwebt der Roman verschiedene Geschichten, Erinnerungen, Dialoge, Zitate und popkulturelle Anspielungen. Die Familie des Haupttäters zerbricht nach der Tat; das Opfer schweigt vor Gericht, stirbt später an einer Überdosis Drogen. Gusten, einer der Mittäter, wird freigesprochen, leidet unter seiner Schuld, kommt zeitweise in die Psychiatrie, führt ein einsames Dasein. Jahre später plant sein ehemaliger Mitschüler Cosmo, der an der Tat nicht beteiligt war, einen Film darüber zu drehen, Arbeitstitel: »Wer hat Bambi getötet?«. »Ein vertrackter Roman, der von stiller Wut geprägt ist«, urteilte »Dagens Nyheter«. Monika Fagerholm erhielt dafür den Literaturpreis des Nordischen Rates.
Die Autorin lebt in Ekenäs, finnisch: Tammisaari, im Süden Finnlands.
Stand: 2022
Wunderbare Frauen am Wasser
Zsolnay
Wien, 1997
[Ü: Angelika Grundlach]
Das amerikanische Mädchen
Fahrenheit
München, 2008
[Ü: Sigrid Engeler]
Wer hat Bambi getötet?
Residenz
Salzburg, 2022
[Ü: Antje Rávik Strubel]